Die „Dicke Berta“ soll wieder ballern
Die Kanone der Karnevalsgruppe „Kin Wiewer“ fand vor fünf Jahren den Weg nach Baumberg.
Monheim. „Wir haben die Kanone vor gut fünf Jahren im Internet entdeckt. Ein Zimmermann aus dem Emsland hat sie für seinen heimischen Schützenverein selbst gebaut und später verkauft“, sagt Markus Gronauer, der seit dem Jahr 2000 der Gruppe „Kin Wiewer“ angehört.
„Sie ist gebaut aus französischem Ebenholz in rheinischer Ausführung“, sagt er mit einem karnevalistischen Augenzwinkern. Das Gefährt rollt auf hölzernen Speichenrädern — zwei großen und zwei kleinen und ist aus schlichter Fichte getischlert, nach dem Modell alter französischer Artillerie-Geschosse. Das Kanonenrohr ist aus einer Industriegasflasche hergestellt und misst etwa 1,50 Meter. Bei Zündung gibt es ein lautes, dunkel getöntes „Plopp“. „Wollen Sie mal hören?“
Gronauer lässt Gas in das schwarz gestrichene Rohr strömen, das der Emsländer Zimmermann vorne mit einem hölzernen Ring verstärkt hat, und zündet. Ein dumpfer Knall ist das Ergebnis. Er verpufft. „Mehr als dreimal hintereinander kann die Kanone nicht gezündet werden. Dann ist der Sauerstoff weg“, erläutert Gronauer. Und der wird zum Abfeuern benötigt.
Bislang hat die Karnevalstruppe das Gerät nur vor Beginn eines eigenen Biwaks eingesetzt. „Im Zug können wir damit jedoch noch nicht laufen. Das ist zu gefährlich“, sagt der Supplement Maître de Palaver, also der stellvertretende Vorsitzende des jecken Grüppchens. Deshalb soll jetzt nachgerüstet werden, erläutert er.
Markus Gronauer, Vize-Maître de Palaver bei den „Kin Wiewer“
Damit das jecke Geschoss auch ordentliche Salutschüsse abgeben kann, ohne dass jemand gefährdet wird. Außerdem soll die Kanone noch einmal aufgehübscht werden und einen neuen Anstrich. Für den Zug benötigt die Kanone darüber hinaus zumindest zwei kräftige Junggardisten, die das schwere Gefährt ziehen. „Das ist auf Dauer ganz schön anstrengend“, weiß Gronauer. Neben „Kin Wiewer“ haben die Monheimer Karnevalsgruppen Marienburggarde und die Altstadtfunken eine Kanone. „Die ziehen bereits im Zug mit“, berichtet der Maître.
Warum eigentlich französisch? „Als Garde werden besondere militärische Verbände bezeichnet“, heißt es auf der Homepage von „Kin Wiewer“. Gewöhnlich finde man Gardetruppen in den Landstreitkräften. Deshalb heißt die Baumberger Garde im Nachsatz wohl „berittene Truppe zu fuß“.
Die 25-köpfige Truppe aus Baumberg und Umgebung ist bodenständig. Die Pferde, die sie reiten, sind aus Holz — Steckenpferde eben. Was nicht heißen soll, dass die Truppe hölzern daher kommt. Bei etlichen Tanzauftritten in der jecken Session zeigen die Männer, die sich irgendwann einmal zu später Stunde unbeweibt an einem Tresen zurückgelassen fühlten, dass sie Rhythmus im Blut haben.
Als Schutz- und Verteidigungsgarde haben sich die Baumberger auf die Fahne geschrieben, „die Freiheit des Stadtteils gegen die Obrigkeit in Monheim zu verteidigen“, sagt Gronauer. „Das tun wir übrigens immer.“ Ob die Kanone dabei hilft? Im Karneval sorgt sie zumindest für Aufmerksamkeit.