Die Schuldenfreiheit Langenfelds wackelt
Das Loch im Haushalt 2016 wird erheblich größer sein als bei der Einbringung des Etatentwurfs im Dezember erwartet.
Langenfeld Die Schuldenfreiheit Langenfelds wackelt — und zwar bedenklicher als es noch vor drei Monaten erschien. Wenn die Stadtpolitiker auf der Zielgerade der Haushaltsberatungen 2016 heute Abend im Haupt- und Finanzausschuss beraten, dann sehen sie im abschließenden Entwurf von Stadtkämmerer Detlev Müller unterm Strich ein Defizit von 9,365 Millionen Euro stehen. Als er Anfang Dezember den Etatentwurf im Stadtrat eingebracht hatte, ging Müller noch von einem Fehlbetrag von 5,78 Millionen Euro aus. Damit werden die nach Langenfelds Entschuldungsjahr 2008 als Rücklagen für schwierige Zeiten angesparten 33,33 Millionen Euro stärker schmelzen als je zuvor und Ende dieses Jahres bei nur noch 12,98 Millionen Euro liegen.
Dieser fortdauernde Schrumpfungsprozess, beziehungsweise das im Vergleich zu Dezember deutlich höher erwartete Haushaltsdefizit liegen aber nicht an Prasserei der Stadtpolitiker während der Beratungen in den Fachausschüssen. Finanzreferatsleiter Thorsten Nilson benannte auf Anfrage vor allem drei Gründe: Erstens steigt die an den Kreis Mettmann zu entrichtende Umlage in diesem Jahr um 4,76 auf 39,7 Millionen Euro an. Zweitens muss Langenfeld 2016 in den so genannten Kommunalsoli zugunsten überschuldeter NRW-Städte 3,62 Millionen Euro zahlen, das sind 1,1 Millionen Euro mehr als 2015. Und drittens schließlich schlägt Nilson zufolge die Unterbringung von Asylbewerbern erheblich zu Buche, weil das Land NRW die an die Städte pro Flüchtling überwiesenen Geldbeträge nicht nach deren tatsächlicher Personenzahl bemesse. „Hiergegen laufen zurzeit die kommunalen Spitzenverbände Sturm.“ Gerade wegen der Unwägbarkeiten bei diesem Thema sei die Haushaltsplanung in diesem Jahr „ein Stück weit Kaffeesatzleserei“.
Seitens der IHK Düsseldorf beurteilte deren Haushaltsexperte Martin van Treeck das Langenfelder Zahlenwerk. Er wies einerseits auf die finanziellen Belastungen des Stadtsäckels durch Kommunalsoli und erhöhte Kreisumlage hin. Andererseits erinnerte er an die vor einem Jahr in Aussicht gestellte Senkung der Gewerbesteuer in Langenfeld. „Das hatte bei vielen Unternehmen eine entsprechende Erwartungshaltung geweckt.“ Indes folgte der IHK-Experte der Argumentation der Stadtverantwortlichen, es vorerst bei dem aktuellen Gewerbesteuer-Hebesatz von 360 Prozentpunkten zu belassen, weil andernfalls in den kommenden Jahren Einnahmeausfälle drohten. Für dieses Jahr rechnet Langenfeld mit rund 50 Millionen Euro Gewerbesteuer. Die Personalausgaben werden die Grenze von 39 Millionen Euro überschreiten. Bei den Bauausgaben schlagen 2016 anteilsmäßig vor allem die neue Gesamtschule, die Kindertagesstätte Langforter Straße und das Asylbewerberheim am Winkelsweg. Für die Kreishandwerkerschaft Mettmann bewertete Hauptgeschäftsführer Martin Lindemann den Langenfelder Etatentwurf „als Paradebeispiel, wie stark externe Entwicklungen die kommunale Finanzwirtschaft beeinflussen und trotz weiterhin sehr guter Rahmenbedingungen vor Ort beinahe sogar in Bedrängnis bringen können“.