Ein Quartier auf dem Holzweg
Der Bauverein lässt ab Oktober 800 Haushalte mit Holzhackschnitzeln beheizen. 3,5 Millionen Euro kostet das Projekt.
Langenfeld. Gardinen werden zur Seite geschoben, Fenster geöffnet. Immer mehr Köpfe lugen heraus und verfolgen das Treiben hinter dem Mehrfamilienhaus an der Querstraße.
Mitten im Quartier des Bauvereins wirft Bürgermeister Frank Schneider den Spaten in den aufgeschütteten Sandhaufen. Die Arbeiten zum Bau einer Holzhackschnitzelheizanlage für das Wohngebiet Martinstraße können beginnen.
Sie soll die 85 Mehrfamilienhäuser mit mehr als 800 Wohnungen mit Wärme versorgen. Die Heizzentrale wird an der Straßenecke Jahn-/Paulstraße gebaut — ein 15 mal 15 Meter großes Gebäude mit einem frei stehenden Schornstein. Baubeginn wird Anfang April sein.
Die gedämmten Leitungen von den Häusern zur neuen Heizzentrale werden in den kommenden Wochen verlegt. In den Häusern werden die Heizkessel dann durch sogenannte Übergabestationen ersetzt. Im Oktober soll die Heizzentrale dann in Betrieb gehen, 800 Tonnen CO2 — 65 Prozent — sollen pro Jahr eingespart werden.
Der Bauverein hat sich für die Planung und Umsetzung einen Partner ins Boot geholt, der auf dem Gebiet der regenerativen Energiegewinnung bereits Erfahrung hat — rund 1000 Kunden in Neubaugebieten hat die Energiedienstleistungsgesellschaft (EDG) Rheinhessen-Nahe bereits über Nahwärmekonzepte versorgt. „Aber auch für uns ist dieses Projekt etwas Neues“, sagt Geschäftsführer Christoph Zeis.
Zum ersten Mal werde das Konzept nicht in einem Neubaugebiet, sondern in einem bereits bestehenden Wohnquartier umgesetzt. „Gerade hier im Wohngebiet mit denkmalgeschützten Häusern ist Effektivität gefragt“, ergänzt Hubertus Dedeck, Vorsitzender des Bauvereins.
Das Investitionsvolumen in das neue Wärmeversorgungsnetz beträgt 3,5 Millionen Euro. Rund 500 000 Euro kommen über Fördermittel wieder rein. „Es wird keine Mieterhöhungen geben“, verspricht Dedeck.
Die Nebenkosten würden jedoch „moderat erhöht“. Genau zu beziffern sei diese Erhöhung noch nicht. „Regenerative Energien bekommt man nicht zum Nulltarif“, sagt Dedeck. „Das hier ist ein zukunftsgerichtetes Projekt. Wir wollen sicherstellen, dass die Nebenkosten für unsere Kunden auch in Zukunft unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen bezahlbar bleiben“, sagt er.
Im Vordergrund stehe zudem die regionale Wertschöpfung. Öl und Gas müssten im Ausland eingekauft werden, Holz liege vor der Tür. Das Geld bleibe in der Region und die heimische Wirtschaft werde gestärkt.
Das Holz wird mit Lkw wöchentlich geliefert und in den Erdbunker unterhalb der Heizzentrale gekippt. Dann läuft alles vollautomatisch. Die Brennstoffzufuhr erfolgt über Förderanlagen, die die Hackschnitzel in den Brennraum schieben. Die Anlage wird fernüberwacht. Kommt es zu Störungen, rückt ein Wartungsservice aus. Christoph Zeis ist sich jedoch sicher: „Es wird keine Probleme geben.“