Einblick in eine düstere Zeit
Der neue Band der „Langenfelder Chronik“ ist erschienen. Dort wird das Jahr 1938 unter dem Joch der Nazis beschrieben.
Langenfeld. Seit 2003 bemüht sich der Arbeitskreis Geschichte der VHS Langenfeld, Licht in die Zeit der dunkelsten Geschichte Deutschlands, wie sie die Heimatstadt erlebt hat, in einer „Langenfelder Chronik“ zu bringen. Elf daran interessierte Ehrenamtliche mit Günter Schmitz als Leiter und der hochbetagten Erika Keisinger-Monjau als Zeitzeugin haben bisher die Bände „Politisches Leben in Langenfeld 1931 — 1933“, „Langenfelder Chronik 1933“, 1934, 1935, 1936 und 1937 herausgebracht. Am Donnerstag nun stellte Schmitz die neueste, 385 Seiten umfassende Chronik 1938 in einer Präsentation der Volkshochschule vor.
Die Dokumentation stützt sich vor allem auf die noch in den Archiven enthaltenen Zeitungsbände der „Bergischen Post“ und der Rheinischen Landeszeitung“, die streng auf der Linie des Nazireichs lag. „Die Quellenlage wird immer dünner, es fehlen zunehmend einzelne Monate dieser Zeitungen“, erläuterte Schmitz.
„Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ ist der Chronik-Band 1938 betitelt — eine Losung, die durch den Anschluss Österreichs und den Einmarsch in das Sudetenland am 1. Oktober l938, vor allem aber durch die Judenpogrome im November des gleichen Jahres besondere Bedeutung erhielt.
Zerstörungen an jüdischen Geschäften und Häusern, Bedrohungen jüdischer Bürger bis zu Misshandlungen bei Albert Salomon in der Ganspohler Straße 13 durch SA-Männer prägten diese Tage. In dieses düstere Kapitel gehört auch die Zerstörung der Synagoge an der Hauptstraße am 9. und 10. November 1938. In der Nacht schreckte Hausmeister Friedrich Rippel aus dem Schlaf hoch. Er sah, wie aus einem unbeleuchtet vorgefahrenen Auto acht Personen ausstiegen. Sie warfen im hinteren Teil der Synagoge die Fenster ein.
Bei einem weiteren Überfall in der gleichen Nacht wurde die gesamte Inneneinrichtung des jüdischen Gotteshauses zerstört. Am Abend des 10, November ging es in Flammen auf und wurde zerstört. Die Reste des Hauses wurden 1939 beseitigt. In diesen Tagen wurde auch der jüdische Friedhof in Richrath geschändet.
Als weitere Nachrichten und Themen des Jahres 1938 tauchen in der Chronik zunehmend Berichte über die Notwendigkeit des Luftschutzes und der Verdunkelung auf, die Eingemeindung des Ortsteils Katzberg von Monheim nach Langenfeld oder die Einrichtung einer NS-Nähstube.
Aber auch Feiern und Feste spielten im nationalsozialistischen Alltag eine wichtige Rolle: Martinsumzüge unter Regie der NSDAP oder Weihnachtsmarkt der NS-Frauenschaft. Und im November erlebte die Wilhelmshalle eine „Germanenschau“, in der gezeigt werden sollte, dass die Germanen „ohne jeden Zweifel das erste hochentwickelte Kulturvolk der Erde“ waren.