Flüchtlingskrise trifft den Vereinssport
Stadtsportverband und CDU sind sich einig: Mehr als die vier schon mit Asylbewerbern belegten Turn- und Sporthallen sind den Vereinen auf Dauer nicht zuzumuten.
Langenfeld. Carsten Lüdorf, einst Leichtathlet, heute erster Mann im städtischen Sportamt, hält sich mit Laufen fit. Im Rathaus indes muss er sich derzeit als Jongleur bewähren. Lüdorf jongliert nicht mit Bällen, sondern mit Hallenbelegungszeiten. Grund ist die wachsende Zahl von Asylbewerbern in Langenfeld. Ein Teil der momentan 767 Flüchtlinge ist in vier Turn-/Sporthallen untergebracht: Am Hang (seit 16. März), in Wiescheid und am KAG (5. August) sowie in der Wilhelm-Würz-Halle (19. Oktober). Lüdorf hat die Aufgabe, die betroffenen Gruppen von Schulen und Vereinen anderswo unterzubringen. Das fällt ihm — wie eine Jonglage mit immer mehr Kugeln — zunehmend schwer.
„Bei der ersten Halle, die wegfiel, konnten wir noch eine Eins-zu-eins-Versorgung sicherstellen“, berichtete Lüdorf jetzt im Sportausschuss. Das heißt: Alle Nutzer konnten ihre Stunden zum gleichen Wochentermin abhalten, und das auch noch gleich gegenüber. „Dabei erwies sich der Gymnastikraum der Sporthalle Hinter den Gärten, sonst eher stiefmütterlich behandelt, als Segen.“ Mit dem Wegfall der Hallen in Wiescheid und am KAG plumpsten die ersten Kugeln von Jongleur Lüdorf zu Boden. 15 der 60 dort abgehaltenen Vereinssportstunden entfielen. Vier Wochen später galt dies für weitere zehn Stunden, für die als Ausweichquartier die Wiescheider Bürgerhalle (Notunterkunft) vorgesehen war. In der Würz-Halle schließlich sind erstmals auch Wettkämpfe (Basketball) betroffen.
Bernd Geuß, Stadtsportverband
Insgesamt summiert sich der Ausfall laut Lüdorf auf 32 Vereinssportstunden (ohne Wettkampf). Mehr seien es nur deshalb nicht geworden, weil die Vereine sich „sehr kooperativ“ gezeigt hätten und zusammengerückt seien. Aber, so machte der Jongleur deutlich: „Die Vereine haben Einbußen.“ Vor allem durch Austritte von Mitgliedern, die ihren Sport nicht mehr am angestammten Ort abhalten können, wie es etwa die SGL in Wiescheid zu spüren bekommt. Sportler, die komplett verzichten müssen, hätten sich — wen wundert’s — ebenfalls „nicht begeistert“ gezeigt.
In der Aussprache mahnte Beate Barabasch (Grüne), den „Solidaritätsgedanken“ gegenüber Flüchtlingen hochzuhalten. Den Stadtsportverband lobte sie dafür, „den Ball flachgehalten“ zu haben — trotz Protesten betroffener Sportler. Bernd Geuß vom Stadtsportverband findet derlei Unmutsbekundungen dagegen durchaus legitim: „Da ist jetzt gewaltig viel Dampf im Kessel — der Sport hat auch seinen Bedarf“, sagte Geuß und nannte ein Beispiel aus seinem Verein, dem Ski-Club-Adler: Ein Kinderkurs könne nicht einfach weiter in den Abend hinein verschoben werden. „Der entfällt dann.“
Der Ausschussvorsitzende Wolfgang Mark (CDU) erklärte: „Wir dürfen die Verständnisbereitschaft nicht überstrapazieren — mit der Wegnahme von Hallen muss jetzt Schluss sein.“ Joachim Herzig (SPD) glaubt hingegen nach eigenen Worten „nicht, dass wir an der Grenze sind. Welche Kapazitäten für die Aufnahme von Asylbewerbern haben wir denn noch?“
Fachbereichsleiter Ulrich Moenen verwies auf die Pläne der Stadt, bis März mehrere hundert weitere Plätze in provisorischen Unterkünften zu schaffen. Zugleich dämpfte er die Hoffnung, dass belegte Hallen bis dahin zwingend wieder frei würden: „Es gibt zur Zeit keinen Stopp des Flüchtlingszustroms an den Grenzen.“ Morgen trifft sich der Vorstand des Stadtsportverbands mit Bürgermeister Frank Schneider (CDU), um über die „äußerst angespannte Situation“ (W. Mark) zu sprechen.