Für die nötige Pflege zu Hause
600 Demenzkranke gibt es derzeit in Monheim. In 20 Jahren wird sich die Zahl mehr als verdoppelt haben. Qualifizierungskurse sollen darauf vorbereiten.
Monheim. Es sind schockierende Zahlen, die Saskia Mandt vom Netzwerk Demenz da auf den Tisch legt. Schätzungsweise fast 600 Fälle von Demenz sind im Stadtgebiet bereits registriert. Nach einer Prognose bezüglich der demografischen Entwicklung im aktuellen Kreisentwicklungsbericht werden es 2030 schon 1294 Betroffene sein. „Das zeigt, das wir uns in Zukunft ganz anders aufstellen müssen“, sagt Mandt.
Demenz ist eine heimtückische Krankheit. Sie kommt schleichend und lässt Betroffene nach und nach ihre kognitiven Fähigkeiten verlieren und zu Pflegefällen werden. „Es ist keine Erbkrankheit. Demenz wird zunehmen, weil wir immer älter werden“, sagt Saskia Mandt.
Seit 2006 gibt es daher das Netzwerk Demenz in Monheim. Saskia Mandt, Mitarbeiterin der Stadtverwaltung, organisiert monatliche Treffen mit Vertretern von ambulanten und stationären Pflegeerinrichtungen, Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen. Zusammen werden Aktionen geplant wie das Demenzcafé im Louise-Schroeder-Haus, Kreativangebote in den Einrichtungen oder das Demenztanzen in der Tanzschule Hupperich.
Es sind Angebote, um pflegende Angehörige zu entlasten. Denn die meisten Betroffenen werden zu Hause gepflegt“, sagt Mandt. „Es ist zwar nicht durch Zahlen belegt. Aber was ich so durch Beratungen mitbekomme, kann man das durchaus sagen“, so Mandt. Und die Expertin betont: „Das sei eine Betreuung rund um die Uhr. Das verlangt den Angehörigen viel ab.“
Saskia Mandt vom Monheimer Netzwerk Demenz
Jemand, der weiß, was das bedeutet, ist Ute Maria Gerhard. Die 50-Jährige betreut seit zwei Jahren ihre demenzkranke Mutter, wohnt mittlerweile auch bei ihr. „Man stößt immer wieder an seine Grenzen. Körperlich und psychisch.“ Es dauerte lange, bis sie mit der dominanten, fast aggressiven Art ihrer Mutter zurechtkam. „Heute weiß ich, dass die Aggressivität nur ein Zeichen von Überforderung war“, sagt Ute Maria Gerhard.
In einem achttägigen Seminar der Stadt Monheim, welches Saskia Mandt mit dem Fachbereich Ordnung und Soziales und der Volkshochschule entwickelt hat, konnte die Heilpraktikerin ein Zertifikat erwerben. Sie besitzt nun offiziell die Basisqualifikationen, die es braucht, um einen demenzkranken Menschen optimal zu pflegen.
Das Zertifikat ist auch in Pflegeeinrichtungen anerkannt, weil es den Vorgaben des Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetzes entspricht. „Ich habe wirklich viel gelernt in diesem Kurs“, sagt die Hildenerin. Auch der Austausch mit den anderen Kursteilnehmern, die ja alle ähnliche Erlebnisse mit Demenzpatienten haben, sei es durch betroffene Angehörige, oder der Arbeit in Seniorenheimen oder Pflegediensten, sei ihr wichtig gewesen.
„Deswegen bieten wir diese Lehrgänge an“, sagt Saskia Mandt. Dozenten sind Pädagogen, Therapeuten, Pflegekräfte und Ärzte. „Das wichtigste sei, den pflegenden Angehörigen zu vermitteln, wann der Punkt gekommen ist, an dem sie sich Hilfe suchen müssen, weil sie es alleine nicht mehr schaffen können“, sagt Mandt.
Das lernen auch die Kursteilnehmer. Abwehrmechanismen, wie Johannes Pilz es nennt. Der Frühpensionär hat sich entschieden diesen Kurs mit zu machen, weil er jetzt beruflich noch einmal in eine andere Richtung möchte. „Ich mache demnächst den Bundesfreiwilligendienst in einer Demenzstation in einem Krankenhaus. Den Kurs habe ich gemacht, weil ich wissen möchte, was auf mich zukommt.“