Gerhard Schröder und Peer Steinbrück in Langenfeld: 700 feiern ein Volksfest

Ex-Kanzler Gerhard Schröder hat am Freitagabend in Langenfeld den Kanzlerkandidaten der SPD, Peer Steinbrück, im Wahlkampf unterstützt.

Langenfeld. Eine Stadt sieht Rot: Auf dem Marktplatz in Langenfeld hat die SPD am Freitagabend ihren Bundestagswahlkampf zelebriert. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der für den Südkreis antritt, hat Gerhard Schröder mitgebracht. Es ist der einzige Termin mit dem Altkanzler in NRW. Hoher Besuch. Der Zutritt zum Marktplatz ist dennoch uneingeschränkt. „Wir gehen davon aus, dass es eine friedliche Veranstaltung wird“, sagt Hubert Ibisch, Leiter der Langenfelder Polizei. „Langenfeld ist in diesem Bereich in der Vergangenheit noch nicht negativ aufgefallen.“

Das bleibt auch so, bis auf einige Aktivisten auf dem Balkon eines Wohnhauses, die grölend Plakate in die Luft halten: „Gazprom Gerd“ und „P€€R Millionär“ steht darauf. Etwa 700 Zuschauer sind nach Schätzungen der Polizei erschienen, haben sich an Bierzeltgarnituren und Getränkeständen eingerichtet. Eine Pärchenclique verteilt Likörfläschchen, Marke „kleiner Waldi“, für das Aufwärmprogramm hat die SPD die Rockband „Jim Button’s“ engagiert. „Die lokale Nähe macht es aus, dass ich hier bin“, sagt Thomas Zacher. „Ich glaube, dass so ein Event den Wahlentscheidungen nur einen geringen Push gibt. Aber ein Prozent kann im Ergebnis auch was ausmachen.“

Jörg Blume, SPD-Mitglied aus Wuppertal, ist hellhöriger: „Als Gewerkschafter hat uns Schröder viele Dinge eingebrockt“; Steinbrück hingegen werde von den Medien niedergeschrieben. „Wir sind überzeugt, dass der Wechsel möglich ist.“ Dann passiert’s: „Begrüßen Sie die SPD-Kreisvorsitzende Kerstin Griese, den ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und den künftigen Bundeskanzler Peer Steinbrück.“ Das Trio kommt durch die Menge, durch die hohle Gasse, und plötzlich wird die Veranstaltung zum Ereignis: Sämtliche Zuschauer stehen von den Bänken auf, um einen Blick zu erhaschen.

Ein halbes Dutzend Sicherheitsleute begleitet das Dreigestirn. „Wie alt ist der Schröder eigentlich? Bestimmt schon über 70“, mutmaßt Jörg Wiedenmann aus Langenfeld. Tatsächlich ist Schröder 69 Jahre alt. Da der Talk mit dem Altkanzler durch permanente Rückkopplungen der Mikrofone gestört wird, verlieren seine Worte an Aufmerksamkeit: „Die Technik meint es nicht gut mit uns“, bemerkt Schröder. Was er die letzten acht Jahre gemacht habe, fragt der Moderator.„Ich bin in meinen Beruf als Rechtsanwalt zurückgekehrt.“ Kommentart von Wiedemann: „Klar, der sitzt im Aufsichtsrat von Gazprom und verdient Millionen.“„Schröder ist ein charismatischer Mensch“, findet Reinhard Walter. „Aber bei derartigen Wahlveranstaltungen ist Substanz nicht zu erwarten. Da fallen nur Schlagworte.“

So kommt es auch beim Kanzlerkandidaten: „Noch 30 Tage bis zum Regierungswechsel“, beginnt Steinbrück seine Rede. Die Pärchenclique verteilt die zweite Runde „kleiner Waldi“. 45 Minuten lang spricht der 66-Jährige Kanzlerkandidat über Pflegenotstände, Energiewende, die Bundeswehrreform, „die gerade an die Wand knallt“, befristete Arbeitsverträge — und über die Kanzlerin: „Frau Merkel hat einen Kreisverkehr organisiert. Was dieses Land aber braucht, ist eine Kompassweisung.“

Neben der Bühne wartet bereits die Limousine, ein schwarzer VW Phaeton, um die Spitzenpolitiker aufzunehmen. Und dort warten Bürger, die Fotos machen wollen. „Solch eine Veranstaltung beeinflusst mich nicht“, sagt Jörg Wiedenmann. „Ich mag die Floskeln nicht und die Methode, immer auf andere zu schimpfen. Wahlkampf nervt mich.“ Warum er trotzdem gekommen ist? „Um Freunde zu treffen“ — und damit das SPD-Motto auf eigene Weise zu interpretieren: „Das Wir entscheidet.“