Gülle: Es herrscht dicke Luft

Monheims Landwirte haben ihre Felder gedüngt. Den Anwohnern stinkt das. Sie hätten den Frühling gern draußen begrüßt.

Foto: Ralf Matzerath

Monheim. Es hätte ein sonniger Ausklang zum 60. Geburtstag werden sollen. „Doch dann kam diese Geruchswolke. So einen heftigen und langanhaltenden Güllegestank haben wir in all den Jahrzehnten, seit wir hier wohnen, nicht erlebt“, sagt Ute Radenbach. Mit ihrem Mann Dieter steht sie im Garten ihres Hauses an der Robert-Koch-Straße im Monheimer Süden. „Das ist der Acker, von dem der Gestank herkam“, sagt sie und zeigt auf die an den Garten angrenzende Flur. „An einen Aufenthalt auf der Terrasse war nicht zu denken“, ärgert sich die Monheimerin und fragt: „Dass die Landwirte ihre Arbeit tun müssen, dafür haben wir ja Verständnis. Aber müssen sie ausgerechnet am ersten schönen Frühlingswochenende düngen? Und dann mit so einem Zeug? Drei Tage hat es gestunken!“

Volker Höltgen, Landwirt

Das Zeug ist laut Volker Höltgen ganz normale Schweinegülle. Der Mann, der mit seiner Frau Petra den nahen Reiterhof Gut Blee betreibt, hat damit am Wochenende die Äcker und Weiden des Betriebs — insgesamt zählt das Gut rund 110 Hektar für die etwa 80 Pferde im Stall — düngen lassen. „Als Landwirt ist man nicht von den Wochentagen abhängig, sondern vom Wetter“, sagt Höltgen. Heißt: Fürs Düngen muss es trocken sein, sonst fährt der Bauer den Boden kaputt. „Außerdem haben wir für diese Arbeit ein Unternehmen beauftragt, das noch für weitere Landwirte tätig ist. Wir sind bei der Terminierung also nicht so frei, wie Außenstehende sich dies manchmal vorstellen mögen.“

Dennoch: Nicht nur den Radenbachs stinkt die Aktion. Dieter Keller, der zwei Häuser weiter wohnt, seufzt: „Es roch so streng, dass man bei offenem Fenster nicht schlafen konnte.“ Beim städtischen Ordnungsamt ging am Montag überdies ein Beschwerde aus Baumberg ein. „Der Bürger beklagte sich, vor lauter Gestank alle Fenster geschlossen halten zu müssen“, sagt Amtsleiter Werner Holtermann. Ungefähr eine Handvoll Beschwerden dieser Art zählt er im Jahresdurchschnitt. „Wegen Lärmbelästigung rufen die Leute häufiger an als bei Gestank.“

Robert Bossmann, der seine Felder überwiegend im Stadtnorden hat, sagt: „Ein Beschwerde aus Baumberg? Ich war’s nicht.“ Denn er selbst habe die Gülle bereits vor drei Wochen aufgetragen und zuvor das Ordnungsamt — wie stets — darüber in Kenntnis gesetzt. „Weil es vor Ostern noch kalt war, hat es auch nicht so gestunken“, sagt der Landwirt. Gleichwohl stärkt er Gut-Blee-Betreiber Höltgen den Rücken: „Man hat es oft nicht in der Hand, bei — in Sachen Geruchsbelästigung — vorteilhaftem Wetter zu düngen.“

Bossmann zufolge ist natürlicher Dung wie Kompost, Mist oder Gülle grundsätzlich jeder Art von Mineraldünger vorzuziehen — auch wenn dieser viel weniger riecht: „Der Nährstoff-Kreislauf mit zersetzten Pflanzenrückständen bringt nicht nur Nährstoffe, sondern auch Humus in den Boden. Und Humus ist elementar wichtig für die Fruchtbarkeit und die Wasserhaltigkeit des Bodens.“ Zudem trage der technische Fortschritt dazu bei, dass die Geruchsbelästigung tendenziell abnehme: „Prallteller, mit denen die Gülle versprüht wird, sind bald verboten. Ich selbst nutzte Schleppschläuche als zweitbeste Lösung. Optimal, aber am teuersten, ist die Schlitztechnik, bei der die Gülle in den Boden eingebracht wird.“