Hilden: Ersatzeltern - Der lange Weg zum Kinderglück
Der Pflegekinderdienst des Jugendamtes ist ständig auf der Suche nach Pflegefamilien.
Hilden. Etwa 100 Kinder in Hilden können nicht bei ihren Eltern wohnen. Die Hälfte lebt in Heimen. Sie stammen aus ganz Deutschland, denn manchmal müssen sie weit weg von ihren leiblichen Eltern untergebracht werden. Die andere Hälfte wohnt in Pflegefamilien.
Für deren Betreuung, Beratung und Begleitung sind Petra Kalesse, Kerstin Becke und Ute Belz vom Pflegekinderdienst des Jugendamtes zuständig. Hauptziel ihrer Arbeit ist, "dass Kinder in ihren Familien bleiben können", sagt Dirk Schatte, Leiter der Sozialen Dienste. Ist dies nicht möglich, gilt es, "für jedes Kind die passenden Eltern zu finden", sagt Kerstin Becke. Daher sind die Mitarbeiterinnen auch Ansprechpartner bei Adoptionen.
In Deutschland werden immer weniger Kinder zur Adoption freigegeben. "Heute gibt es nicht mehr die gesellschaftlichen Zwänge und existenziellen Nöte wie in den 1980er-Jahren und davor", sagt Becke. Wie viele Kinder pro Jahr in Hilden adoptiert werden, ist unterschiedlich: 2009 gab es eine Adoption, 2008 waren es sieben.
"Das Verfahren kann sich über mehrere Jahre hinziehen, und der Ausgang ist ungewiss", sagt Becke. Das ist auch ein Grund, warum viele Kinder aus dem Ausland adoptiert werden. Zudem gibt es weniger Adoptionen, weil vermehrt auf Pflegefamilien gesetzt wird. "Auch wenn ein Zusammenleben nicht möglich ist, sollten die Kinder Kontakt zu ihren Eltern haben", sagt Schatte.
Adoptiv- und Pflegeeltern müssen das selbe Verfahren durchlaufen. Am Anfang steht ein Informationsgespräch, bei dem grundsätzliche Fragen und Bedingungen geklärt werden. "Danach sind die rechtlichen und medizinischen Formalitäten zu klären", sagt Becke.
Beratung und Überprüfung dauern durchschnittlich sechs bis zwölf Monate. Dann beginnt das Warten, bis ein Kind in Deutschland zur Adoption freigegeben wird. Schließlich spricht nach einer einjährigen Adoptionspflegezeit ein Gericht die Adoption aus.
Die Zeit der Unsicherheit ist für Adoptiveltern damit beendet - Pflegeeltern müssen hingegen ständig mit ihr leben. Deshalb wird versucht, möglichst nur Kinder in Pflegefamilien zu geben, die langfristig ein neues Zuhause brachen.
Trotzdem bleiben Schwierigkeiten. Ursula Willms aus Hilden, Mutter von drei leiblichen und drei Pflegekindern, kennt diese. Sie hat deshalb 2002 den Verein der Pflege- und Adoptivfamilien gegründet - und ist zudem Vorsitzende des Landesverbands für Pflege- und Adoptivfamilien.
Weil Pflegekinder zu Familienmitgliedern werden, kann zum Beispiel der Kontakt zu den leiblichen Eltern problematisch werden. Becke: "Ein großes Thema ist die zweifache Elternschaft. Deswegen begleiten wir auch die Elternkontakte." Zudem haben viele Kinder schlechte Erfahrungen gemacht.
Häufig leiden ihre Eltern an einer Sucht- oder psychischen Erkrankung. "Wir sagen immer, die Kinder haben ein Rucksäckchen auf. Was sie erlebt haben, tragen sie auf dem Rücken", sagt Kalesse.
Hauptarbeit des Kinderpflegedienstes ist daher die Begleitung der Pflegekinder und -familien. Genauso wichtig ist der Austausch mit anderen. So finden regelmäßig Treffen, gemeinsame Fahrten oder Informationsveranstaltungen statt.
Auch der Verein der Pflege- und Adoptivfamilien bietet Treffen zum Erfahrungsaustausch an. Dort können sich interessierte Eltern informieren. Denn Pflegeeltern werden in Hilden immer gesucht. "Der Bedarf ist sehr hoch", sagt Schatte.