Hilden: Rokoko unterm Zeltdach
In der Fußgängerzone wurden alte Schätzchen angeboten. Die Besucher konnten mitgebrachte Stücke schätzen lassen.
Hilden. Seinem geschulten Auge entgeht fast nichts. Ansonsten sieht er mit seiner winzigen Lupe noch einmal genauer hin. Schnell schätzt er das Alter, erkennt auf den ersten Blick die Herkunft: "Eindeutig Französisch. Ihr fehlt aber noch ein Bein und sie hat mehrere Kratzer erlitten", sagt er dann ernst. Und ab diesem Punkt fragt sich wohl manch ein Beobachter: Ist der Mann eigentlich Pathologe oder Antiquitätenhändler?
Stephan Petersen ist kein Pathologe, und das Werk vor ihm ist eine französische Kaminuhr aus dem frühen 19. Jahrhundert. Eine napoleonische Figur ziert das hölzerne Stück. Trotz "massiver Schäden", wie er sagt, schätzt er das Stück auf knapp 600 Euro. "Das hätte ich nicht gedacht", ist die Besitzerin der Uhr erstaunt.
Am Wochenende bot die erste Antikmeile, die vom Stadtmarketing organisiert wurde, in der Mittelstraße ein großes Angebot an altem Porzellan, antiken Möbeln und Gemälden. Nebenbei konnten die Besucher auch mitgebrachte Stücke kostenlos schätzen lassen.
Zwar war die Teilnahme von 50Händlern geplant, aber aufgrund des wechselhaften Wetters wurden am Samstag nur 20 Stände aufgebaut. "Das ist natürlich schade, aber niemand kann erwarten, dass die Händler bei Regen ihre schönsten Gemälde auspacken", sagt Petersen, der unter seinem Pavillondach unter anderem Rokoko-Stühle und ein antikes Tee-Service anbot.
Ohne jegliche Erwartung über den Wert hat eine Passantin alte niederländische Bibeln mitgebracht. "Ich möchte die Bücher zwar gerne behalten, aber dennoch reizt es mich, ihren Wert zu kennen", sagt sie gespannt. Petersen fällt direkt der versilberte Verschluss mit Gravur auf. "Dieses ist etwa 200 Euro wert", sagt er schließlich und verblüfft damit die Besucherin. "Die meisten Leute überschätzen sich eher", erklärt Petersen. "Jeder hat natürlich die Hoffnung, dass seine Erbstücke besonders zu Krisenzeiten Geld einbringen." Bereits mehr als 60 Besucher ließen allein am Samstag ihre Stücke bei ihm schätzen.
Die Passantin Ovela Leroy ist häufig auf Antikmärkten unterwegs. "Ich sammle sehr gerne antikes Porzellan, am liebsten aus dem 19. oder 20. Jahrhundert", sagt sie. Auch Siegfried Tobis schlendert durch die Antikmeile und lässt seinen Blick über die Schätze schweifen: "Ich hoffe natürlich, etwas Wertvolles zu finden." Davon steht schon einiges bei ihm zu Hause. "Die Stücke habe ich geerbt und möchte sie nicht verkaufen", sagt er.