Hilden: Scheib räumt im Rathaus auf
Aus seinem Dienstzimmer nimmt der scheidende Bürgermeister nur zwei persönliche Gegenstände mit nach Hause.
Hilden. "Das ist meine Zwiebelfrau", sagt Bürgermeister Günter Scheib - und steckt das Mitbringsel einer slowenischen Delegation in einen Umzugskarton. "Die hat uns jede Menge Tränen gekostet", erinnert er sich schmunzelnd: Die Besucher vom Balkan hatten neben der Puppe noch "jede Menge scharfe Zwiebeln dabei".
Auch die anderen Stücke, die sich nach und nach zur Zwiebelfrau in den Karton gesellen, haben eine Geschichte. An einige kann sich Scheib allerdings nicht mehr erinnern. 15Jahre als Bürgermeister der Stadt Hilden sind schließlich eine lange Zeit.
In dieser Zeit hat sich viel Kunst und Krempel in seinem Büro angesammelt. Alles muss jetzt raus. Scheib möchte seinem Nachfolger Horst Thiele bei dessen Dienstantritt am 21.Oktober ein Zimmer überlassen, in dem außer dem Mobiliar und den Akten in den Wandschränken nichts aus der Scheib-Ära zurückbleibt. Nur die Bilder an den Wänden bleiben hängen - "und meine drei Wächter". Die drei großen Holzstelen hinter seinem Schreibtischstuhl sind das Geschenk einer Künstlerin aus Luxemburg. Die hätte Scheib gerne mitgenommen, "weil sie auf mich aufpassen". Aus zwei Gründen müssen sie aber im Rathaus bleiben: "Sie gehören mir nicht, und ich hätte gar keinen Platz dafür."
Alles, was der scheidende Bürgermeister gestern in die Kartons packte, gehört ihm nicht. Es sind Geschenke, die er als Vertreter der Stadt in Empfang genommen hat. Also gehören sie der Stadt. Deshalb werden die voll gepackten Kartons ins Stadtarchiv gebracht. Da ist aber auch kein Platz für die drei Wächter. Nur zwei Dinge wird Scheib aus seinem Büro mit nach Hause nehmen, "weil sie mir gehören": Eine kleine chinesische Rotlackdose, in der er seit zehn Jahren Briefmarken für die gemeinnützige kirchliche Stiftung Bethel sammelt, und den Bilderrahmen mit dem Foto, auf dem ihm seine Mutter Babette vor 15 Jahren zur Wahl zum ehrenamtlichen Bürgermeister gratuliert.
Einiges aus den Kartons ist im Stadtarchiv gut aufgehoben, weil sie ein Stück Hildener Zeitgeschichte darstellen: Der Pflasterstein, den die Initiatoren des Bürgerbegehrens "Hände weg vom Alten Markt" ihm übergeben haben, oder der in Plexiglas eingegossene Mini-Spaten zur Erinnerung an den ersten Spatenstich für die Erweiterung von Qiagen. Die zahlreichen Geschenke aus den Partnerstädten Warrington und Nové Msto gehören auch noch dazu. Oder die noch zahlreicheren Mitbringsel der chinesischen Delegationen, die in Hilden die westliche Bürokratie kennen lernen wollten.
Selbst die mit Bernstein verzierten Bilder, die Kinder aus Tschernobyl bei ihren Erholungsaufenthalten in Hilden mitbrachten, gehören im weitesten Sinne zur Stadtgeschichte. Aber was soll das Stadtarchiv mit den unzähligen Holztafeln anfangen, auf denen Stadtwappen aus aller Herren Länder kleben? Wohin mit den tibetanischen Seidenschals, der serbischen Barbie-Puppe, dem vom japanischen Generalkonsul nach dessen Versetzung nach Kasachstan geschickten Kamel-Puppe, der in einem gehäkelten Pudel versteckten Piccolo-Sektflasche? Oder dem Feuerzeug in Form einer königlichen Sitzgelegenheit, von der selbst Scheib nicht mehr weiß, wer es mitgebracht hat?
Weggeworfen wird nichts, nur weggeschlossen. Bei einem Mitbringsel ist die sichere Verwahrung sogar ratsam: ein hölzerner Morgenstern. Als Scheib dieses ukrainische Hoheitszeichen in den Karton legt, hält er kurz inne, lächelt und sagt: "Ich lege Wert auf die Feststellung, dass ich den nie benutzt habe."