Hilden: Spontaner Überfall bringt Räuber sechs Jahre in Haft
Ein 21-Jähriger hatte in einer Postagentur mehr als 24 000 Euro erbeutet. Nun wurde er verurteilt.
Hilden/Düsseldorf. Mit verquollenen Augen und gerötetem Gesicht tritt Claudia P. in den Gerichtssaal. Ängstlich blickt sie zur Anklagebank. Mit zittriger Stimme beschreibt sie, wie sie den 16. Juni 2009 erlebt hat. Für sie ist es ein Datum, das ihren Alltag bis heute bestimmt. "Ich hockte in der Postagentur vor einem Glückwunschkarten-Ständer, als ein Mann hereinstürmte. Ich wusste erst gar nicht, was geschieht", sagt die 40-jährige Kindergärtnerin. Sekunden später wurde sie von dem maskierten Mann im Schwitzkasten gehalten. Er hielt ihr eine Gaspistole an die Schläfe. Bis heute verfolgen sie die Worte des Mannes: "Das ganze Geld, sonst knall ich euch ab."
Am Donnerstag ist der Hildener Andreas T. wegen schwerer räuberischer Erpressung, erpresserischen Menschenraubs und gefährlicher Körperverletzung von dem Düsseldorfer Landgericht zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt worden. Der 21-Jährige hatte die Postagentur an der Kölner Straße gestürmt, die Kundin Claudia P. und zwei weitere Angestellte mit einer defekten Gaspistole bedroht und aus Kasse und Tresor insgesamt 24610 Euro erbeutet. Um mögliche Verfolger abzuschütteln, versprühte der Hildener kurz vor seiner Flucht Reizgas.
"Es tut mir sehr leid. Ich habe nicht nachgedacht, was ich da mache", entschuldigte sich Andreas T., der zuletzt arbeitslos war. Er hatte Schulden bei einem Mobilfunkanbieter. 1800 Euro hatte er sich bei einem Kumpel geliehen, den er am Morgen des Überfalls auszahlen sollte. Er war jedoch blank.
Den Plan, die Postagentur zu überfallen, hatte er spontan gefasst: Am Morgen hatte Andreas T. sich eine Flasche Wodka besorgt, als sein Blick auf den Post- und Lotto-Shop fiel. In der Wohnung seines Kumpels berichtete T. von seinem Plan, den Laden zu überfallen. Sein Kumpel sollte an einer Telefonzelle in der Nähe Schmiere stehen und dafür einen Teil der Beute bekommen. "Die Gaspistole lag schon drei, vier Jahre bei mir zu Hause ’rum", erklärt T. vor Gericht. Sie sei nicht mehr funktionstüchtig gewesen.
Nachdem T. den Laden gestürmt hatte, ging alles ganz schnell. Jürgen P., der Filialleiter, wurde von ihm über die Theke gezogen und aufgefordert, das Geld aus der Kasse schneller in den Beutel zu stopfen. Der Tresor im hinteren Büroraum wurde geöffnet und der gesamte Inhalt an T. übergeben. Der Angeklagte flüchtete mit einem Fahrrad. Erst durch einen anonymen Hinweis wurde die Polizei auf Andreas T. aufmerksam. Anfang November wurde er inhaftiert.
"Ich bin seit der Tat nicht mehr ich selbst", klagte Claudia P. vor Gericht. Bei der Arbeit sei sie zittrig und schreckhaft, habe Angstzustände. Sie wird noch immer vom Verein Weißer Ring betreut, der Kriminalitätsopfern hilft.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von acht Jahren beantragt. Das Gericht folgte dem Antrag aber nicht, weil Andreas T. zur Tatzeit knapp über 21 Jahre alt und geständig war und zudem seinen Komplizen benannt hat.