Histörchen: Baumberg und die 400 Ziegen
Als „Kuh des kleinen Mannes“ versorgte das Huftier die Menschen. Heute hält die Hippegarde die Erinnerung aufrecht.
Baumberg. Ziegen sind genauso vielseitig wie Kühe, aber um einiges billiger. Ihre Milch, ihre Felle und ihr Fleisch sichern im frühen 20. Jahrhundert das Leben der Baumberger. Nicht nur deshalb wird die Ziege auch die "Kuh des kleinen Mannes" genannt, wie Stadtarchivar Michael Hohmeier zu erzählen weiß.
Da die Baumberger ein recht armes Völkchen waren, breitet sich die Ziegenzucht hier rasant aus. Für den Kreis Solingen, zu dem man damals gehörte, war das Grund genug, eine Ziegenzuchtstation an der Ecke Schallenstraße/Im Sträßchen zu finanzieren.
1902 trat Monheim schließlich dem Zuchtverband des Kreises Solingen bei und gab so den Startschuss für die Hochzeit der Baumberger Ziegenzucht.
Damals teilen sich 1200 Baumberger ihr Dorf mit ganzen 400 Ziegen. Schon bald haben die Prachtexemplare einen guten Ruf und werden in der Blütezeit der Ziegenzucht bis 1924 über alle Grenzen hinaus bekannt.
Maßgeblich beteiligt an diesem Erfolg ist nicht zuletzt Zuchtwart Max Scheurenberg, gleichzeitig örtlicher Polizist und Baumberger Ziegenexperten ein Begriff. Mit Beginn des 2. Weltkriegs neigt sich die herausragende Ziegenzucht dann dem Ende zu.
Seit 2004 erinnert daran nur noch das Denkmal an der Stelle der Zuchtstation und natürlich die 1. Baumberger Hippegarde. 1998 wird der Verein auf Betreiben von Johannes Bourscheidt, der auch "der Bürgermeister der Schallenstraße" genannt wird, gegründet.
Von Anfang an dabei sind natürlich Hippegraf Wolfgang Zündorf und Hippegräfin Gabi Bourscheidt, die von den mittlerweile 50 Mitgliedern begleitet werden. "Hippe" bedeutet "Ziege", und die Erinnerung an die Ziegenzucht hat sich die Tanzgruppe neben der Brauchtumspflege und der Patenschaft des Denkmals auf die Fahnen geschrieben.
"Heimat ist das, was im Herzen lebt", so Reinhard Blißenbach, der seit zwei Jahren im Verein ist. Bis zum vergangenen Jahr gab es sogar die echte Ziege "Cilly" als Maskottchen. Heute hat der Verein nur noch eine selbst genähte 1,50 Meter hohe "Cilly" aus Stoff.
Gemeinsam trainieren wöchentlich etwa 20 Mitglieder für die Auftritte. Das war nicht immer so. Zunächst gab es nur die "Hippegarde", die ausschließlich aus Männern bestand, und die "Schallenstraßener Mädchen", wo deren Ehefrauen tanzten. Trotzdem trat man zusammen auf.
Als dann vor vier Jahren Trainerin Daniela Köther ins Boot kam, gab es erstmals ein gemeinsames Training. Sie brachte die nötige Durchsetzungskraft mit, so dass die Tänzer immer besser wurden und die Tänze immer mehr Spaß machten.
Heute ist die Hippegarde in ihren rot-schwarzen Kostümen und den Holzschuhen eine begehrte Formation: "Wir sind der Knaller im Baumberger Karneval. Wir stehen nicht ohne Grund 45 Minuten auf der Bühne, und wenn wir nicht mehr da wären, würden wir ein großes Loch zurücklassen", sagt Blißenbach natürlich nicht ohne Stolz.
Vom Boomberger Veedelszooch, aus dem "Schunkelnden Bürgerhaus" und den Karnevalsveranstaltungen im Peter-Hofer-Haus sind die passionierten Ziegentänzer nicht mehr wegzudenken: "Da gehören wir einfach hin."
Doch nicht nur im Karneval ist die Garde aktiv. Auch bei Traditionsumzügen wie dem Urdenbacher Erntedankzug sind sie mit viel Spaß dabei, schließlich ist ihnen die Bewahrung des traditionellen Gedankengutes sehr wichtig.
In der Hippegarde ist jeder willkommen. Blißenbach schwärmt besonders von der "netten Gesellschaft und den tollen und lustigen Menschen im Verein". Voraussetzung ist der Spaß am Tanzen. Noch in diesem Jahr feiert die Garde ihren zehnten Geburtstag, der ganz groß begangen werden soll.