Langenfeld: Anonyme Vorwürfe gegen Lehrer belasten den Schulfrieden

KAG: Per E-Mail werden alle Parteien über angeblichen Sexismus im Unterricht informiert. Die Polizei ermittelt jetzt.

Langenfeld. Am Mittwoch wurde Hans-Joachim Claas von einem Vertreter der Wählergemeinschaft BGL angerufen. Der Kommunalpolitiker wollte vom Leiter des Konrad-Adenauer-Gymnasiums (KAG) wissen, ob er vom Vorwurf des sexistischen Verhaltens gegen einer seiner Sportlehrer wisse? Doch Class fiel aus allen Wolken. Er hatte nicht wie alle Langenfelder Parteien am späten Montagabend die E-Mail eines anonymen Verfassers, der sich selbst nur "lautstarker Beobachter" nennt, erhalten.

In der Mail erhebt der Absender schwere Vorwürfe gegen den Lehrer, den er namentlich nicht nennt. Er soll beispielsweise ohne vorheriges Anklopfen Mädchenkabinen betreten und sich dort länger als nötig aufgehalten haben. "Im Unterricht fiel er vermehrt dadurch auf, weibliche Körperkraftdefizite vielfach als sportliches Unvermögen zu werten und der Lächerlichkeit preiszugeben", ist in der Mail zu lesen. Schülerinnen mit Menstruationsbeschwerden soll der Pädagoge der blanken Faulheit bezichtigt haben. Diesen Mädchen soll er dann stärkere Leistungen als anderen abverlangt haben. Mitunter bis zur Erschöpfung seien die Schülerinnen zum Laufen oder Schwimmen angehalten worden, so dass einige von ihnen in der Folge mit Grippe oder vor Übermüdung im Bett bleiben mussten. Eine weitere Anschuldigung : Der Lehrer soll eine Videokamera mit in den Unterricht bringen, um Schülerinnen und Schüler beim Sport zu filmen.

Der anonyme Schreiber bittet die Parteien, das Thema "Sexismus an Schulen" umgehend auf die Tagesordnung zu setzen. Außerdem fordert er, Druck auf die Leitung des KAG auszuüben, damit diese in der Schulsatzung ein Verbot der Aufnahme von Bildmaterial verankert.

"Ich nehme diese Anschuldigungen sehr ernst und gehe ihnen nach", so Hans-Joachim Claas gestern gegenüber der WZ. Nach dem Anruf der BGL habe er umgehend alle acht Sportlehrer informiert. Der Inhalt der Mail mache mittlerweile unter den 1300 Schülern schon die Runde und störe den Schulfrieden. Ab Montag will der Direktor mit allen Klassensprechern reden.

"Erste Nachforschungen deuten darauf hin, dass die Vorwürfe unberechtigt sind", sagt Claas. Beschwerden von Schülerinnen: Fehlanzeige. Drei der Sportlehrer hätten zwar im Unterricht gefilmt, aber nur um Bewegungsabläufe zu studieren. "Eine Video-Analyse macht heute doch fast jeder Trainer", so der Schulleiter.

Nach zwei Dienstbesprechungen gehen die KAG-Sportlehrer in die Offensive: Sprecherin Christa Beseke: "Wir haben Anzeige gegen Unbekannt wegen Verleumdung gestellt."

Jemanden anonym anzuschwärzen ist schlechter Stil und vor allem immer der falsche Weg. Wer Missstände beseitigen will und deshalb Menschen anklagt, muss dazu stehen und Beweise auf den Tisch legen. Stattdessen erweist sich der E-Mail-Schreiber als Lautsprecher: Er verbreitet nur Pauschal-Urteile. Etwas soll hängen bleiben an der weißen Weste des Gymnasiums. Schulleitung und Sportlehrer tun das einzig Richtige. Sie drängen selbst auf rasche Klärung.