Lesung in Monheim: Gewalt als zeitloses Problem
Monheim. Der Monheimer Rainer Schmidt las im Sojus7 aus seinem Roman „wie lange noch“ vor. Die Erinnerungen aus seiner Jugend sind hochaktuell.
Monheim. Im Sojus7 ist es dunkel. Zehn Stuhlreihen sind vor der Bühne aufgebaut, die nun allmählich besetzt werden. Unzählige rote große Taschenbücher stapeln sich am Ausgang.
Auf dem Tisch auf der Bühne steht eine Wasserflasche und eine Leselampe, die den Monheimer Rainer Schmidt von unten beleuchtet. Heute Abend liest der Autor, der in Berlin wohnt, aus seinem Buch "Wie lange noch", dass er zu zwei Dritteln im Baumberger Elternhaus geschrieben hat.
Schmidts erster Roman spielt in den 80-er Jahren in einer Stadt, die nicht Monheim ist, aber stark daran erinnert.
"Das, was angesprochen wird, hat universellen Charakter", so Schmidt. Die Hauptfigur ist der sensible Felix, der aus einer gutbürgerlichen Familie kommt und sich fragt, wie lange er es noch zwischen den Sehnsüchten und der vorherrschenden Gewalt aushalten kann.
Durch die ständige Bedrohung durch Schläger aus der Nachbarsiedlung befindet sich der 18-Jährige plötzlich mitten in einem Schichtkonflikt: Mittelschicht gegen Unterschicht. Felix erzählt in einem ironischen Ton von der Suche nach sich selbst in diesen schwierigen Verhältnissen.
Für die Lesung hat sich Rainer Schmidt vier besondere Stellen aus dem Buch ausgesucht, die die drei größten Probleme Felix’ behandeln: Er schläft ohne zu verhüten mit einem fremden Mädchen und wird danach lange von dem Gedanken geplagt, Vater zu werden.
Er und seine drei Freunde werden von einem Schlägertrupp verprügelt. Und er verliebt sich in Karla, in die eigentlich sein bester Freund Roloff verknallt ist.
Er beichtet seinen Eltern die mögliche Vaterschaft, die zu seiner Überraschung nicht schimpfen sondern bereit sind, wenn nötig, die Abtreibung zu bezahlen.
Schmidt liest ruhig, macht kurze Pausen, klingt mal wie Felix und mal wie dessen Mutter und schlägt das Publikum in seinen Bann.
Obwohl das Buch in einer Zeit spielt, in der auch Rainer Schmidt seine Jugend verbrachte, ist es nicht autobiografisch. Sein Publikum, rund 50Leute an diesem Abend, ist größtenteils in seinem Alter. Und so bekommt der Abend den angenehm fröhlichen Charakter eines Stufentreffens.
In der folgenden Gesprächsrunde berichtet er von einer Lesung in Köln, bei der 18-jährige Besucher begeistert auf ihn zukamen und erzählten, dass sie sich zum ersten Mal verstanden fühlten. Auch die Monheimer Besucher sind begeistert von Schmidt und seiner Geschichte.
Nach der Lesung sitzt er noch lange an seinem Tisch und signiert seinen Roman. Eine Besucherin hat das Thema besonders berührt. Während sie in das neuerworbene Buch eine Signierung für den eigenen Sohn Felix schreiben lässt, erzählt sie, wie er selbst in eine Prügelei verwickelt wurde.
Auch dem Schüler Sascha Pietrucci hat es gefallen: "Die Geschichte ist nah am Leben, das finde ich gut." Die Gewalt schätzt der 13-Jährige heute aber als "nicht mehr so schlimm" ein, obwohl sie immer noch präsent ist.
Die Monheimer Buchhändlerin Linda Rossbach erklärt den enormen Absatz des Buches zum einen damit, dass es sich um einen Monheimer Autor handelt. Aber zum anderen auch, dass die Leser ein sehr großes Interesse am Thema haben.