Monheim „Die grüne Acht ist nicht in Gefahr“

Die 35-jährige Juristin berichtet über die nur in Monheim existierende und mit absoluter Mehrheit im Stadtrat dominierende Partei.

Lisa Pientak ist seit 2004 Parteimitglied der Peto und Rechtsanwältin. Die Partei möchte künftig auch die Hebammenversorgung in Monheim verbessern.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Peto trat noch 2014 als nicht-ideologische, sondern rein sachorientierte Problemlöser-Partei an: Was ist daraus geworden?

Lisa Pientak: Da sind wir uns treu geblieben. Es entspricht unserem Selbstverständnis, dass wir pluralistisch aufgestellt sind. Wir haben einen Grundkonsens, dass wir für Miteinander, Toleranz, Kinder- und Familienfreundlichkeit, Nachhaltigkeit und das Gemeinwohl stehen. Diese Themen lassen selbstverständlich gewisse Spielräume zu. Bei der Frage, was wir konkret machen, wie man Probleme lösen kann, da gibt es dann verschiedene Ansätze. Wir diskutieren oft sehr lange, bis wir eine Entscheidung gefunden haben. In diesen Debatten ist übrigens Daniel Zimmermann ein wichtiger Teilnehmer, aber letztlich auch nur ein Teil der Gruppe.

Seitens Ihrer Partei werden Ideen anderer, kleinteilige Architektur oder große Gärten gerne als „unzeitgemäß“ dargestellt: Sind Stadthallen heute nicht auch unzeitgemäß, insbesondere weil das Coronavirus das Veranstaltungsgeschehen einschränkt?

Pientak: Eine Stadthalle ist seit Jahrzehnten eine Forderung über alle Parteigrenzen hinweg. Als Peto haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, dieses Ziel endlich zu realisieren. Auch die erforderlichen Mittel sind vorhanden. Derzeit gibt es nicht mal genügend Platz für die Abiturfeiern des Gymnasiums oder der Gesamtschule. Bestimmte Künstler kommen nur deshalb nicht nach Monheim, weil die bestehenden Spielstätten zu klein sind. Und die Karnevalsvereine sind mit ihrem Zelt auch nicht wirklich glücklich. Bis die Kulturaffinerie im Januar 2024 ihre Türen öffnet, wird Corona ja hoffentlich überstanden sein. Und ich verspreche Ihnen, dass das Gebäude trotz des Denkmalschutzes sehr zeitgemäß sein wird.

In der Stadtplanung wird als Argument fortwährend ein Mangel an Wohnungen angeführt, obwohl fortwährend Pull-Faktoren erzeugt werden: Wie groß soll Monheim eigentlich werden?

Pientak: Lange Zeit mussten wir befürchten, dass die Bevölkerung schrumpft und dass dann bestimmte Infrastruktureinrichtungen nicht mehr aufrechterhalten werden könnten. Diese Gefahr besteht zum Glück nicht mehr. Die genannten Pull-Faktoren sollte man jedoch nicht überschätzen. Die starke Nachfrage nach Wohnraum beobachten wir auch in den Nachbarstädten. In Langenfeld und Hilden liegen die Grundstückspreise immer noch über denen in Monheim. Wenn wir keinen zusätzlichen Wohnraum schaffen würden, dann würden die Mieten und Kaufpreise noch stärker steigen. Das wäre vor allem für Menschen mit geringem Einkommen ein Problem. Bei der letzten Wahl haben wir die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft versprochen. Und wir haben Wort gehalten. Die ersten 200 Wohnungen sind im Bau, 30 Prozent davon sind sozial gefördert.

Können Sie nachvollziehen, dass der Gestaltungsdrang Ihres Bürgermeisters, der sich auch über fremdes Eigentum hinwegsetzt, bei Bürgern Ängste auslöst?

Pientak: Nein, diese Ängste werden ja durch die Opposition gezielt geschürt. Über fremdes Eigentum setzt sich Daniel Zimmermann nicht hinweg. Das kann er auch gar nicht. Wenn in einem Bebauungsplanverfahren auf einem Privatgrundstück Baurecht geschaffen wird, dann greifen wir dadurch nicht in fremdes Eigentum ein. In Deutschland gilt der Grundsatz der Baufreiheit. Eine Baupflicht gibt es in der Regel nicht. Wer von dem Baurecht keinen Gebrauch machen möchte, muss das nicht. Eine Ausnahme stellen lediglich die städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen dar – zum Beispiel das Braas-Gelände in Baumberg und das Kirchenland im Pfingsterfeld. Da reden wir von institutionellen Eigentümern, deren Flächen wir mobilisieren wollen. Aber auch hier gilt der Grundsatz, dass die Eigentümer zunächst das Recht haben, selbst für eine Bebauung zu sorgen.

Ihr Parteiprogramm ist sehr umfangreich: Es enthält viele Beschlüsse, die gefällt, aber noch nicht umgesetzt wurden. Was folgt in der nächsten Wahlperiode: Eine Zeit der Umsetzung und Konsolidierung, oder werden im selben Tempo immer neue Projekte angestoßen?

Pientak: In unserem Wahlprogramm erklären wir sehr detailliert, was wir vorhaben. Für das, was wir bisher erreicht haben, müssen wir uns nicht verstecken. Und manche Projekte brauchen eben länger als eine Wahlperiode, bis sie umgesetzt sind. Im Programm finden Sie aber auch viele neue Projekte, zum Beispiel einen Klimawald, die Verbesserung der Hebammenversorgung sowie viele Investitionen in Schulen und ­Kultureinrichtungen.

Vor einigen Jahren waren Transparenz und Mitwirkung Hauptmerkmale ihrer Politik: Inzwischen wird seitens der Opposition der Vorwurf laut, die Mitmachforen seien zum Feigenblatt verkommen. Wie sehen Sie das?

Pientak: Es gab in der Monheimer Stadtgeschichte noch nie ein solches Maß an Bürgerbeteiligung wie jetzt. Und wir setzen uns dezidiert mit den eingebrachten Ideen und Vorschlägen auseinander. Bei den anderen Parteien habe ich dagegen nicht immer das Gefühl, dass sie sich die Mühe machen, die Argumente der teilnehmenden Bürger zu lesen. Es ist aber auch unsere Aufgabe, zwischen verschiedenen Interessen einen Ausgleich herzustellen. Manchmal haben verschiedene Gruppen von Bürgern genau gegenteilige Vorstellungen. Dann muss man vernünftig abwägen. Solche Entscheidungen machen wir immer transparent. Die Bürger, die an Online-Beteiligungen teilnehmen, bekommen anschließend eine genaue Rückmeldung, was aus ihren Beiträgen geworden ist. Das ist öffentlich für jedermann nachzulesen – ob bei der Marina oder der jährlichen Beteiligung zum Haushaltsplan.

Die Kunst im öffentlichen Raum soll der kulturellen Bildung dienen und möglichst niedrigschwellig angelegt sein. Hätte ein regelmäßiger Museumsbesuch in Köln oder Düsseldorf, den man den Monheimer Bürgern ermöglicht, nicht mehr Einfluss auf die Ausbildung eines Kunstsinns?

Pientak: Mit Kunst im öffentlichen Raum erreicht man doch viel mehr Menschen als mit der organisierten Busfahrt ins Kunstmuseum. Wir wollen Kunst für alle zugänglich machen. Und zu einer pluralistischen Gesellschaft, für die wir einstehen, gehört es auch, Kunstobjekte auszuhalten, die einem persönlich nicht gefallen. Das regt den kulturellen Austausch an und man setzt sich mit unterschiedlichen Perspektiven auseinander. In Monheim wurde noch nie so viel über Kunst diskutiert wie jetzt. Und die Ausgaben für Kunst im Verhältnis zum Gesamt-Haushalt der Stadt bewegen sich im ­Promillebereich.

Stört es Sie bei allen Bekenntnissen zum Umweltschutz, als die Partei angesehen zu werden, die vor allem viel Grün in der Stadt Monheim zerstört? Die grüne Acht und das zusammenhängende Biotop im Kielsgraben sind durch die Marina gefährdet.

Pientak: In einer Stadt, die sich verändert, kann man oftmals nicht einfach ums vorhandene Grün herumbauen. In solchen Fällen schaffen wir jedoch immer Ersatz. Auch die grüne Acht ist nicht in Gefahr, denn am Kielsgraben hat die Stadt gerade erst 40 000 Quadratmeter Fläche gekauft, von der die Hälfte zum Biotop umgestaltet wird. Der Greisbachsee hingegen steht ausdrücklich nicht unter Naturschutz. Ich finde, es ist schon eine Leistung, dass der städtische Baumbestand trotz der vielen Bautätigkeit in Summe bei rund 10 000 Bäumen konstant geblieben ist. Viele Bäume wie die Platanen auf der Krischerstraße sind mit großem Aufwand während der Baumaßnahmen erhalten worden. Und Umweltschutz bedeutet mehr als den Erhalt von Bäumen. Wir haben für die Umstellung der MEGA auf Ökostrom gesorgt, den kostenlosen Nahverkehr eingeführt und ein preiswertes Car-Sharing-System geschaffen. In der nächsten Wahlperiode wollen wir die Planung von Windkraftanlagen entlang der A 59 wieder aufgreifen, beim Radwegebau und der Elektromobilität weiterkommen und den Rheindeich durch eine städtische Schafherde beweiden lassen.