Nicht jeder mag Plexiglas

Die Marienkapelle hat einen neuen Altar — er besteht aus Kunststoff. Zu modern für das 500 Jahre alte Gotteshaus? In Monheim gehen die Meinungen auseinander.

Monheim. Eigentlich ist er kaum zu sehen, ja sogar durchsichtig ist er, der neue Plexiglas-Altar in der Marienkapelle. Dennoch sorgt er bei den Monheimern derzeit für ausgiebige Diskussionen.

Am 15. August ist der neue Altar eingeweiht worden. Henriette Küster (72) war neugierig auf den Tisch. „Ich bin gleich am Sonntag hingegangen und habe mir ihn angeschaut.“ Der erste Eindruck sei eher ernüchternd gewesen. „Ich finde, er ist zu modern und sieht zu wenig nach Altar aus. Er könnte auch in jedem Wohnzimmer stehen“, sagt die Rentnerin aus Monheim. Allerdings erkennt sie auch einen Vorteil: „Jetzt kann man natürlich besser den schönen Altarraum sehen.“

Hans Schnitzler, Vorsitzender des Vereins „Marienkapelle am Rhein“

Genau diese freie Sicht hatte Hans Schnitzler, Vorsitzender des Vereins „Marienkapelle am Rhein“, im Sinn, als er sich für die Plexiglas-Variante entschied. „Wir wollten einen Altar, der sich vollkommen zurücknimmt und nicht von der Pietà ablenkt.“ Die Pietà, die Marienfigur, und der Altarraum seien von dem Vorgänger-Exemplar aus Holz teilweise verdeckt worden. „Der Holzaltar war sowieso von Anfang an nur eine Notlösung“, fügt Schnitzler hinzu. Die Idee zu einem durchsichtigen Altar aus Glas schwirre schon seit Jahren in seinem Kopf herum — nur an der Umsetzung haperte es bisher. „Ich sprach mit vielen Firmen aus der nahen Umgebung, aber keine bot das, was ich mir vorstellte.“

Sein Vereinskollege Ludger Scholten stellte dann den Kontakt zur Firma Kreideweiss-Kunststoffe aus Velbert-Neviges her. Er informierte sich außerdem in einer Barockkirche in Schmitten in der Schweiz, die bereits einen transparenten Kunststoff-Altar besitzt. „Wir hatten etwas Sorge, dass sich auf dem Untergrund schnell Kratzer bilden könnten“, erklärt Schnitzler. Küsterin und Pfarrer aus der Schweiz gaben Entwarnung: Ihr Altar sei robust.

„Der neue Altar ist schon empfindlich“, sagt dagegen Margret Jenniches, die eine große Freundin der Marienkapelle im Herzen der Altstadt ist. „Wenn dort Konzerte stattfinden, müssen die Träger, die den Altar zur Seite räumen, schon Handschuhe tragen“, sagt sie. Sie findet den neuen Altar dennoch sehr gelungen. „Der alte Holzaltar war doch nur ein Provisorium. Der neue Altar gibt den Blick auf den Altarraum frei. Ich höre sehr viel Positives.“ Vermehrt würden jetzt Gäste in die Kapelle kommen, die neugierig auf den Altar seien.

Das Monheimer Urgestein Emil Drösser hatte noch keine Gelegenheit, sich eine Meinung zum gläsernen Altar zu verschaffen. Am 19. September findet in der Kapelle ein Konzert statt, das er besuchen wird. „Doch über den Altar wird schon kontrovers diskutiert“, hat Drösser gehört, „ich kann noch nichts dazu sagen.“

Jana Kronenberger (38) hat sich schon ein Bild gemacht. Während ihre Tochter Mia (7) auf dem benachbarten Spielplatz tobt, wirft sie einen Blick durch die großen Scheiben der Kapelle. „Sieht doch gut aus“, sagt sie. „Ein bisschen Moderne tut der Kirche ganz gut.“