Puerto-Ricaner trainiert Marienburggarde

Seit 16 Jahren bringt Saul Rodriguez-Ayala karibisches Flair in den rheinischen Karneval.

Foto: Ralph Matzerath

Langenfeld/Monheim. Karnevalsmärsche und kölsche Schunkellieder statt Meringue und Salsa — für Saul Rodriguez-Ayala ist das kein Problem. Als der Puerto Ricaner der Liebe wegen 2002 nach Langenfeld kam, war der rheinische Karneval für ihn ein Glücksfall. Seither ist der Profi-Tänzer aus der Karibik der Choreograf der Marienburg Garde. So musste er in seinem neuen Leben von seiner alten Leidenschaft, dem Tanzen, nicht lassen. Dass er fast sofort nach seiner Übersiedlung vom Monheimer Karneval aufgesogen wurde, hat er einem Zufall zu verdanken. „Ich wollte hier ein Auto kaufen. Und der Renault-Händler war der Präsident der Marienburg Garde. Wir kamen ins Gespräch. Ich erzählte, dass ich Tänzer sei“, berichtet er.

Der Rheinländer machte sofort Nägel mit Köpfen: „Wir brauchen einen Choreografen. Kannst Du das machen?“ So kam es, dass der durchtrainierte junge Mann mit dem karibischen Hüftschwung vom ersten Tänzer des Staatsballetts Puerto Rico zum Aushängeschild der Monheimer Marienburg Garde wurde. Erst kürzlich entzückte der mittlerweile 40-Jährige leicht bekleidet, geschminkt und mit rassiger schwarzer Langhaar-Perücke über 2000 jecke Frauen bei der Gromoka-Damensitzung mit einem erotischen Tango. Die Natürlichkeit des Bühnenstars im Privatleben ist entwaffnend. Die zur Schau getragene Haarpracht bei seinen Auftritten kommentiert er zu Hause mit einem Lachen. „In Wirklichkeit habe ich eine Glatze“, gesteht Rodriguez und lüftet die modische Baseball-Kappe.

Nach 16 Jahren ist der eigenwillige Tanzstil der Marienburg Garde zum Markenzeichen der 14 Männer und 18 Mädchen geworden. Ein Hauch von Exotik prägt die karnevalistischen Auftritte. Dies Jahr gab es zu Beginn einen feurigen Tango und zum Schluss einen schwungvollen Cancan. Nur ein gutes Viertel seines Auftritts widmet der Choreograf dem typischen deutschen Brauchtum. Dann tanzt die Truppe zu bekannten Karnevalssongs. Die Saul übrigens problemlos auf Platt mitsingen kann, wie sein Ehemann Franz Leipner versichert.

Jedes Jahr präsentiert Saul mit seiner Truppe ein neues Thema. Da behält er sich übrigens die Alleinherrschaft vor. „Das suche ich aus.“ In seinem früheren Leben tourte er mit der karibischen Tanzgruppe durch die ganze Welt und sammelte viele Eindrücke und unterschiedliche Tanzstile. Auf Reisen schaut er sich heute noch viele Tanzshows an und lässt sich inspirieren. „Ich muss immer einen Stift dabei haben und seine Gedankenblitze aufschreiben“, sagt Leipner. „Mit dem Kopf ist er immer beim Tanzen.“

Seine Profi-Karriere konnte Saul in Deutschland nicht fortsetzen. „Bei einer Vorstellung im Tanztheater NRW sollte ich erst mal drei Jahre Unterricht in Salsa und Meringue bei einem deutschen Tanzlehrer nehmen“, erzählt er entrüstet. „Das ging gar nicht. Da war der Monheimer Karneval für mich ein Segen. Durch ihn bin ich ein gelungenes Beispiel an Integration geworden. Ich musste beim Training immer Deutsch sprechen, sonst hätte mich keiner verstanden“, sagt er. „Und ohne die Tanzgarde würde mir in meinem Leben ganz viel fehlen.“

Selbstbewusst hat er übrigens seine tänzerischen Vorstellungen immer durchgesetzt. Auch wenn das am Anfang nicht ganz leicht war und mancher hiesige Jeck über die fremden Klänge aus der anderen Kultur die Nase rümpfte. Mittlerweile sind die etwas anderen Auftritte beim Publikum beliebt, und die Tänzer kommen gerade wegen des exotischen Flairs zur Marienburg Garde.

Im Laufe der Zeit hat sogar Karnevals-Muffel Franz Leipner dem rheinischen Brauchtum dank des Puerto Ricaners sein Herz geöffnet. „Er tanzt sogar ganz hinten rechts mit“, sagt Saul stolz. Und auch an die drei Meter maßgeschneiderte Kostüme im heimischen Kleiderschrank hat Leipner sich gewöhnt.

Seine körperlichen Vorzüge mit Sixpack und Milchkaffee farbener Haut stellt Saul übrigens nur bei der Damensitzung zur Schau. „Sonst bin ich natürlich immer angezogen“, sagt er.