Schulen setzen auf Verlässlichkeit
Der Erlass des Landesschulministeriums für einen flexibleren Ganztag ist von der Wirklichkeit überholt, sagen Schulleiter.
Monheim. Die Öffnungszeiten des Ganztags sollen flexibler werden. Ein neuer Erlass des NRW-Schulministeriums stellt klar, dass Schüler „ab sofort“ während der Zeiten des offenen Ganztags am Nachmittag auch „an regelmäßigen außerschulischen Bildungsangeboten in Sportvereinen oder der Musikschule teilnehmen“ können. „Mit dem Modewort Flexibilisierung wird nur der Wähler bedient“, moniert Achim Nöhles, Leiter der Schule am Lerchenweg. Wer den Erlass weiterlese, erfahre, dass die Kontinuität der außerschulischen Angebote gewahrt bleiben müsse und Freistellungsanträge rechtzeitig zu stellen seien. Zudem sei dies die Ausnahme und nicht die Regel.
Weil seine Schule ein Rhythmisierungskonzept mit verbindlichen Anwesenheiten verfolge, gelte der Erlass für seine Schüler ohnehin nicht. Aus pädagogischen Gründen hält er die Verlässlichkeit, die klaren Strukturen und Rituale, die dieses Konzept biete, gerade für ausgesprochen kindgerecht. „Flexibilisierung“ sei ein Wort aus der Arbeitswelt der Erwachsenen.
Überdies seien die in dem Erlass aufgeführten außerschulischen Angebote längst in den Schulalltag integriert: Musikunterricht, muttersprachlicher Unterricht, sogar islamischer Religionsunterricht und Sportangebote fänden unter dem Dach der Lerche statt. Er sieht insofern keinen Bedarf für eine Flexibilisierung, und kann dabei auf die „mit gewaltigem Abstand höchsten Anmeldezahlen“ verweisen. Seine Eltern wollten eine verlässliche Betreuung bis 16 Uhr.
Auch Christoph Schröder, Rektor der Winrich-von-Kniprode-Schule, glaubt nicht, dass der Erlass etwas an der verlässlichen Teilnahme aller angemeldeten Kinder an der Ogata „fundamental etwas ändert“. Schon früher konnten Eltern ihre Kinder über ein Antragsverfahren für besondere Angebote, wie Schwimmunterricht oder Therapien, beurlauben lassen.
Peter Heimann, Leiter Schulamt in Monheim
Er habe diesen Wünschen meist entsprochen, „wenn der Anlass plausibel und nachgewiesen war“. Er geht davon aus, dass dies auch in Zukunft nur in Ausnahmefällen genutzt werde, weil die Familien „einen tatsächlich bestehenden Betreuungsbedarf“ haben. Der Erlass vereinfache lediglich das Verfahren. Überdies hätten sich Vereine und Jugendgruppen nach vielen Jahren darauf eingestellt, dass die Kinder erst nach 15 Uhr zur Verfügung stehen. Das würde sich nur ändern, wenn nun in großem Stil entsprechende Befreiuungswünsche geäußert würden.
Die Schulleitung der Lottenschule habe auch bisher schon ihren Kindern ermöglicht, an Sport-, Musik- und Schwimmkursen außerhalb der Schule teilzunehmen, teilt die stellvertretende Leiterin Lydia Schwamborn-Weiß mit. Etwaige Befreiungswünsche wurden zum Schulhalbjahr abgefragt. In der Vergangenheit sei es aber oft zu Konflikten gekommen, wenn diese Angebote vor 15 Uhr begangen und die Kinder dann aus ihren Gruppen gezogen wurden. Um die Abläufe nicht zu stören, sei das Kind dann lieber direkt nach Unterrichtsschluss entlassen worden.
Während man bisher solche Sonderwünsche großzügig, ohne Nachweise zu verlangen, zugestanden habe, sei das bei kurzfristig vorgetragenen Anfragen oder einer generell unregelmäßigen Teilnahme problematischer. Wenn eine Familie auf diese Weise erkennen lasse, dass kein regelmäßiger Betreuungsbedarf besteht, würde der Platz lieber an andere Familien vergeben, es gebe eine Warteliste.
Der Erlass werde wegen der Pflicht zur sofortigen Umsetzung zu viel Verunsicherung bei den Trägern der Offenen Ganztagsschulen führen, glaubt Peter Heimann, Leiter des Bereichs Schule in der Stadtverwaltung, weil Befreiungen aus organisatorischen Gründen zum Beginn des Schuljahres kommuniziert werden. Andererseits widerspreche die in dem Erlass betonte Verpflichtung, die Kontinuität der Angebote sicherzustellen, einem freien Fliegen. „Es wird kein permanentes Rein Raus aus den Angeboten geben“, sagt er. Mit der Bildungspausschale versuche die Stadt immerhin, ein gutes pädagogisches Angebot in der Offenen Ganztagsschule vorzuhalten, in das viele örtliche Vereine eingebunden sind. Er hält es daher für fraglich, dass es sich künftig für die Sportvereine lohnen könnte, Übungsleiter für Termine vor 16 Uhr zu verpflichten.