Staatsanwalt beginnt in Langenfeld
Das Amtsgericht verfügt seit Neuestem über einen eigenen Staatsanwalt — vermutlich deutschlandweit einzigartig.
Langenfeld. Die Stadt Hilden: 50 000 Einwohner. Langenfeld: 60 000 Einwohner. Monheim: 40 000 Einwohner. Drei Städte, die nicht groß sind und nicht klein. Idyllisch? Vielleicht. Friedlich? Offenbar nur bedingt. Die Städte gehören zum Bezirk des Amtsgerichts Langenfeld. Und: Der Bezirk sei in der Statistik auffällig, sagt Landrat Thomas Hendele gestern bei der Vorstellung des Pilotprojekts. Es gebe mehr Kriminalität als in anderen Städten des Kreises Mettmann. Deshalb bekomme Langenfeld jetzt einen eigenen Staatsanwalt am Amtsgericht.
Er heißt Karl-Heinz Schöfferle, ist 65 Jahre alt, wohnt seit 50 Jahren in Langenfeld und ist seit 35 Jahren bei der Staatsanwaltschaft. Es heißt, er habe Erfahrungen mit sämtlichen Kriminalitätsformen und leitet eine Abteilung für Jugendstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf.
Von Langenfeld aus soll Schöfferle jetzt Straftätern auf die Pelle rücken, sagt sein Chef, Frank Schnabel, der leitende Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft in Düsseldorf. Was soll Schöfferle konkret tun? Das Beispiel Clans- und Bandenkriminalität: Natürlich habe der Bezirk Langenfeld kein Clan- oder Rockerproblem wie etwa Duisburg, Essen oder Neukölln. Aber: „Die Banden, die ihre Straftaten in den Großstädten begehen, haben auch Rückzugsorte. Dort wollen sie in Frieden gelassen werden. Wir wollen auch da, wo sie sich sicher und zuhause fühlen, ein Auge auf sie haben.“
Schöfferle arbeite viel präventiv, heißt es. Sein Job hat den Titel Präventionskoordinator. Er soll Gewaltstrukturen im Clan- oder Rockermilieu aufdecken, aber auch mit gewaltbereiten Einzelnen sprechen — vor allem, wenn sie noch jung sind, kriminelle Karrieren verhindern.
Normalerweise haben Staatsanwälte ihre Büros bei der Staatsanwaltschaft. Die für Langenfeld zuständige Staatsanwaltschaft ist in Düsseldorf. Von dort aus arbeiten die Anwälte des Staates und ermitteln — etwa bei Diebstählen, Einbrüchen, Gewalttaten, Bandenkriminalität. Wenn der Staatsanwalt meint, einem Täter die Tat nachweisen zu können, erhebt er Anklage und vertritt dann vor Gericht die Interessen des Staates. Mit dem Staatsanwalt im Langenfelder Amtsgericht sitzt jetzt ein Staatsanwalt vor Ort und nicht bei der Staatsanwaltschaft — das ist ungewöhnlich und neu. NRWs Justizminister Peter Biesenbach sagt, es sei vermutlich einzigartig in Deutschland. Auf jeden Fall ist es ein Pilotprojekt. Wenn es gut läuft, will der Minister das Modell auf andere Städte ausweiten, sagt er.
Der Präsident des Landgerichts Düsseldorf Bernd Scheiff erklärte über die neue Position: „Ich freue mich, dass der Staatsanwalt vor Ort eingesetzt wird. So kann auf kurzen Wegen vorbeugend noch effektiver Kriminalität verhindert, jedenfalls beschleunigt verfolgt werden.“
Der Direktor des Amtsgerichts Langenfeld Lutz Wollenhaupt sagt: „Wir freuen uns darauf, mit dem Staatsanwalt vor Ort einen zentralen Ansprechpartner zu haben, bei dem Infos zusammen laufen, die für eine strafrechtliche Beurteilung wichtig sind. Je mehr wir über den Angeklagten wissen, desto passgenauer fällt das Urteil aus, umso besser kann ein Straftäter wieder auf den ,richtigen Weg’ geführt und die Bevölkerung vor weiteren Straftaten geschützt werden.“ Wie weiß man allerdings, ob der Plan auch wirklich aufgeht? Minister Biesenbach will nach einiger Zeit Bilanz zu dem Projekt ziehen und das Ergebnis auch der Öffentlichkeit zugänglich machen.