Strafe nach Missbrauch in Altenheim
Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht in Langenfeld zu 20 Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Opfer, eine 75-jährige, bettlegrige Frau, wurde von Hilden ins Langenfelder Karl-Schröder-Haus der Arbeiterwohlfahrt verlegt.
Langenfeld. Mitte dieser Woche wurde seine bettlägerige und hochgradig demente Ehefrau (75) vom Hildener Dorotheenheim ins Langenfelder Karl-Schröder-Haus der Arbeiterwohlfahrt (Awo) verlegt. Doch Günter K. ( Name ist der Redaktion bekannt) sind die emotionalen Strapazen der vergangenen Wochen und Monate noch deutlich anzumerken. Im April 2016, als der Langenfelder seine Frau nachmittags in ihrem Einzelzimmer des Altenheims der Graf-Recke-Stiftung besuchen wollte, ertappte er dort einen Aushilfspfleger, der seine Frau gerade sexuell missbrauchte. „Es war reiner Zufall, dass ich ihn in diesem Moment erwischt habe“, sagt der 75-Jährige kopfschüttelnd. „Ich war schockiert.“ Er habe sofort versucht, sich Hilfe zu holen. „Es war aber Wochenende, 17 Uhr, und wenig Personal auf der Station.“
Roelf Bleeker, Sprecher der Graf-Recke-Stiftung
Mitarbeiter der Einrichtung hätten aber unmittelbar nach dem Geschehen die Polizei gerufen. Eine Ärztin sei ebenfalls hinzugezogen worden. Die entnommenen DNA-Proben seien „eindeutig positiv“ gewesen. Auch gab der Pfleger seine Tat bei der Gerichtsverhandlung im Februar dieses Jahres zu.
Doch sowohl das Urteil (20 Monate auf Bewährung) und auch, wie das Heim mit dem Vorfall umgegangen sei, belasteten ihn sehr, sagt der Ehemann. „Man hat dort versucht, den Vorfall unter den Teppich zu kehren.“ Außerdem sei die Heimleitung ihm gegenüber recht „arrogant“ aufgetreten. Roelf Bleeker, Sprecher der Graf-Recke-Stiftung mit Sitz in Düsseldorf, bedauert den massiven Übergriff in der Hildener Einrichtung sehr. Solch eine Tat sei besonders verwerflich. „Pflege ist Vertrauenssache und findet in einer Privatsphäre statt.“
Die Vorwürfe des Ehemanns weist er aber zurück: „Wir haben sofort reagiert und nichts unter den Teppich gekehrt.“ Als Arbeitgeber dürfe man Angestellte keinesfalls einfach beschuldigen. Auch habe man die anderen Mitarbeiter im Haus nicht verunsichern wollen. Schließlich habe es sich damals um ein schwebendes Verfahren gehandelt. „Es war für alle Beteiligten eine schwierige Situation“, räumt Bleeker ein.
Das Heim habe den Beschuldigten aber sofort — bis zur Klärung des Sachverhalts — vom Dienst suspendiert und inzwischen fristlos gekündigt. Auch die Heimaufsicht in Mettmann sei umgehend informiert worden.
Dies bestätigt Kreis-Sprecherin Daniela Hitzemann. „Die Heimaufsicht erfährt davon, wird aber nicht tätig“, weil es sich nicht um einen systemischen Fehler der Einrichtung gehandelt habe. „Es gibt keine Leitlinien, um so etwas auszuschließen.“ Aus Sicht der Behörde handele es sich bei diesem tragischen Ereignis um einen „Einzelfall“. Auch die Polizei im Kreis Mettmann sieht das so. Dort werden sexuelle Übergriffe auf über 60-Jährige statistisch gesondert erfasst. „In den vergangenen Jahren hat es keinen anderen vergleichbaren Fall gegeben“, sagt Sprecherin Claudia Partha auf Anfrage. Anders in Düsseldorf. Dort muss sich gerade ein 19-jähriger Kellner vor Gericht verantworten, weil er an einem Sonntagmittag im Oktober 2016 eine 91-jährige Kirchgängerin nach dem Besuch eines Gotteshauses in der Altstadt mit dem Tode bedroht und vergewaltigt haben soll. Der Prozess mit mehreren Terminen wird bis Anfang April fortgesetzt.