Verborgene Stadtgeschichte

Der Jüdische Friedhof hat jetzt eine Denkmalplakette. Seine Grabstätten sind stille Zeugen einer düsteren Zeit.

Langenfeld. Er ist nicht leicht zu finden, der Jüdische Friedhof. Am Ende der Klosterstraße liegt er verborgen hinter dichten Büschen. Selbst, wer direkt vor dem grünen Eingangstor steht, weiß nicht auf den ersten Blick, was es mit den alten Grabsteinen auf sich hat — bisher zumindest. Seit Dienstag trägt der Jüdische Friedhof eine Denkmalplakette, gespendet vom Umweltschutz- und Verschönerungsverein Langenfeld. Gut sichtbar hängt sie jetzt am Eingangstor.

Günter Schmitz wollte sich die Enthüllung nicht entgehen lassen. Der Vorsitzende vom Arbeitskreis Geschichte der Volkshochschule kennt den Friedhof wie kein anderer. „51 Grabsteine sind erhalten, davon 22 aus dem 19. Jahrhundert. Der Älteste ist von 1861“, erklärt er den Gästen bei einer kleinen Führung über das Gelände.

Er vermutet allerdings, dass weitaus mehr Juden hier begraben worden sind. „Aber in der Reichspogromnacht sind leider viele Steine zerstört worden.“ Und das Lagerbuch, in dem alle Grabstätten verzeichnet sind, ist verloren gegangen.

Günter Schmitz geht zum ersten Grabstein. „Im vorderen Teil liegen die jüngeren Gräber aus dem 20. Jahrhundert. Das erkennt man an Kunststeinen aus Materialien wie schwarzem Marmor.“ Das sei eine Anpassung an die christliche Tradition. Ein Grab könnte mit ewigem Licht und Gestecken sogar auf einem gewöhnlichen Friedhof liegen.

„Wer genauer hinguckt, erkennt aber eindeutige jüdische Merkmale“, sagt Schmitz. Zwei große hebräische Buchstaben sind im oberen Teil des Grabsteins eingraviert. „P und N steht für ,po nitman’, was so viel wie ,hier ist vergraben’ bedeutet.“

Dieser einleitende Spruch steht auf jedem Grabstein. Noch eine Gemeinsamkeit gibt es. Die Steine zeigen mit ihrer Schauseite nach Osten, Richtung Jerusalem. Eine Ausnahme steht im hinteren Bereich des Friedhofes. „Vermutlich haben Arbeiter ihn nach Zerstörungen aus Unwissenheit nach Westen ausgerichtet“, erklärt Schmitz.

Er zeigt auf ein benachbartes Grab. „Hier liegt jemand besonderes.“ Die Inschrift ist nur schwer zu entziffern, Schmitz hilft: „Philippina Alexander. Sie ist die Mutter des ersten jüdischen Gouverneurs der Vereinigten Staaten.“ Norbert Willems, Mitglied des Arbeitskreises Geschichte, zieht überrascht die Augenbrauen hoch.

Ein anderer Name dürfte ihm und den anderen Gäste der Plaketten-Enthüllung eher ein Begriff sein: Adele Salomon. „Sie war Besitzerin des Hutgeschäftes auf der Hauptstraße. Das wird heute von Frau Schopphoven weitergeführt“, erzählt Schmitz, der mittlerweile am letzten Grab angekommen ist.

Das hat für ihn eine besondere Bedeutung. „Hier ruht Anschel Salomon“ ist auf dem schlichten Sandstein zu lesen. Ein Urenkel des Verstorbenen, der in Südafrika lebte, wollte mehr über seine Familie erfahren. „Das Standesamt in Langenfeld hat ihn an mich verwiesen.“ Schmitz führte ihn zum Grabmahl seines Urgroßvaters.