Ärztliche Schuluntersuchung bleibt
Personalmangel und Geldnot lassen die Kommunen überlegen, die Ärzte durch medizinisches Assistenzpersonal zu ersetzen.
Mettmann. Etwa ein Jahr bevor die Schultüte gebastelt wird, ist es in Deutschland Pflicht, den Nachwuchs ärztlich auf Schuleignung untersuchen zu lassen. Im Kreis Mettmann bekommen Eltern einen Brief vom Gesundheitsamt, der über den Ablauf und Terminvergabe informiert.
Einzelne Kommunen in der Bundesrepublik überlegen, diese Untersuchung nicht mehr von Kinder- und Jugendärzten des Gesundheitsamtes, sondern überwiegend von Assistenzpersonal durchführen zu lassen. Wie Gabriele Trost-Brinkhues, Sprecherin des Ausschusses „Kind, Schule und öffentlicher Gesundheitsdienst“ vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) darlegt, gibt es in einzelnen Städten in NRW bereits die Tendenz, dass immer mehr Aufgaben aus Personalmangel und Spargründen an Assistenzpersonal delegiert werde.
Rudolf Lange, Leiter des Kreisgesundheitsamtes
Gegen diese Entwicklung wehrt sich der BVKJ vehement. Trost-Brinkhues, ist der Ansicht, dass Assistenzpersonal Kinder wiegen oder messen könne, aber in keinem Fall den Gesundheits- und Entwicklungsstand eines Kindes fachgerecht bestimmen könne. Auch wenn im jetzigen Koalitionsvertrag festgehalten sei, den öffentlichen Gesundheitsdienst zu fördern, hinge die Entscheidung letztlich vom „Geldbeutel“ und der Politik der Kommunen ab, so Trost-Brinkhues.
Rudolf Lange, Leiter des Kreisgesundheitsamtes erklärt: „Die Forderungen des BVKJ sind als Warnsignal aufgrund einer punktuellen Beobachtung zu verstehen. Wir im Kreis Mettmann werden die ärztliche Einschulungsuntersuchung nicht ersetzen.“ Darin seien sich die jetzigen Verantwortlichen einig. „Wir stellen dafür in jeder Stadt Räume, damit die Kinder in einem geschützten Umfeld untersucht werden“, so Lange. Eltern bringen den Impfauspass und die bisherigen kinderärztlichen Unterlagen mit. Zudem werden sie gebeten einen Fragebogen auszufüllen, der den Entwicklungsstand des Kindes feststellt.
„Viele Eltern Fragen sich, warum sie die Untersuchung machen müssen, obwohl das Kind bereits beim Kinderarzt war“, sagt Lange. „Aber die Ärzte des Gesundheitsamtes prüfen Gesundheit und Entwicklungsstand der Kinder mit dem Ziel, die Schulreife des Kindes festzustellen. Kann das Kind in seinem momentanen Entwicklungsstand vom Bildungssystem profitieren oder sind gegebenenfalls Fördermaßnahmen anzuraten?“ Die angehenden Grundschüler sollen beispielsweise Wörter lautgemäß nachsprechen, damit die Ärzte feststellen können, ob das Kind in der Schule Schwierigkeiten haben könnte, lautgetreues Schreiben zu lernen. „Das können nur Spezialisten feststellen“, sagt Trost-Brinkhues.
Die Schuluntersuchung weist Eltern und Schule auf möglichen Förderbedarf eines Kindes hin und prüft die individuelle Gesundheit der Mädchen und Jungen. Wichtig sei die Untersuchung auch für sozial benachteiligte Kinder, die selten beim Kinderarzt gewesen seien und für Flüchtlingskinder. Die Auswertung der Ergebnisse aller Schulanfänger wird anonymisiert erfasst und ausgewertet.
Laut Rudolf Lange wird die Auswertung dafür verwendet, um auf Kreis oder Stadtebene die Entwicklungstendenzen der Kindergesundheit festzustellen. „Die Ergebnisse können genutzt werden, um das Sprachförderungsangebot von Kitas bei Bedarf anzupassen“, sagt der Amtsleiter. Auch die Schulen sind gefragt, um sich auf spezielle Förderung von Kindern einzustellen. Der BVKJ, setzt sich nach eigenen Angaben für Chancengleichheit und die bestmögliche gesundheitliche Versorgung der Kinder und Jugendlichen ein. Der Verband fordert „verbindliche Vorgaben durch Bund und Länder“, um dem Personalabbau und der Unterfinanzierung einzelner Kommunen entgegenzuwirken und so die Einsparungsmaßnahmen in wichtigen Bereichen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, wie der Schuleingangsuntersuchung, zu verhindern.