Angeklagter bleibt erneut Prozess vor Landgericht fern
Auch zum dritten Termin kam der Mann nicht. Ihm wird Steuerbetrug vorgeworfen.
Mettmann/Wuppertal. Sein Anwalt hatte es schon vor dem Verhandlungsbeginn im Flur verkündet: „Hier passiert gleich nichts.“ Das stimmte zwar nicht so ganz, denn auch diesmal wurde die Verhandlung zumindest eröffnet. Allerdings war der Angeklagte, der sich vor dem Wuppertaler Landgericht wegen Steuerbetrugs in Millionenhöhe zu verantworten hat, nun schon zum dritten Mal nicht erschienen.
Stattdessen verlas der Vorsitzende Richter das Attest eines Psychiaters, der den ehemaligen Geschäftsführer der Firma B&S Automotive während eines Aufenthaltes in einer türkischen Privatklinik behandelt hatte. Am Tag des Prozessbeginns im April hatte der sich dort stationär aufnehmen lassen — angeblich von Weinkrämpfen geschüttelt und selbstmordgefährdet.
Lustlosigkeit, Schlaflosigkeit, seit einem Jahr aggressiv und von traumatischen Erfahrungen gepeinigt: Unterm Strich bleiben sowohl die Reiseunfähigkeit als auch die Verhandlungsunfähigkeit. Die Genesung hingegen schien erstaunlich schnell voranzuschreiten. Schon eine Woche nach der Attestierung einer akuten Lebensmüdigkeit folgte die Entlassung aus der Psychiatrie. Ambulante psychotherapeutische Behandlung wurde angeraten — ob der Angeklagte dieses Angebot wahrnimmt, wurde nicht kommuniziert. Die Kammer schien das Attest jedenfalls nicht gänzlich überzeugt zu haben: „Von einem uns unbekannten türkischen Arzt werden wir uns nicht vorschreiben lassen, wie Verhandlungsunfähigkeit festgestellt wird“, stellte der Vorsitzende Richter unumwunden klar.
Auch ein hinzugezogener, gerichtspsychiatrischer Gutachter äußerte Zweifel am Attest, das Fragen aufwerfe, die geklärt werden müssten. Man erwarte, dass der Angeklagte nach Deutschland komme, um sich psychiatrisch untersuchen zu lassen. Sollte er dieser Aufforderung nicht freiwillig nachkommen, könne man die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Begutachtung anordnen. „Die Vollstreckung eines derartigen Beschlusses — auch im Ausland — würde dann der Staatsanwaltschaft obliegen“, so der Sprecher des Landgerichts Wuppertal, Johannes Pinnel.
Bislang habe die Kammer jedoch keine derartigen Zwangsmaßnahmen zur Vorführung des Angeklagten ergriffen. Der Haftbefehl bleibt ausgesetzt — stattdessen wurde den Verteidigern nahegelegt, ihren Mandanten zur Reise nach Deutschland zu bewegen. Die jedoch waren während der Verhandlung und auch danach eher wortkarg. „Wir geben dazu keinen Kommentar ab“, ließen sie auf Nachfrage verlauten.
Der Prozess wurde bis auf weiteres ausgesetzt.