Arzt kritisiert neue Regelung scharf
Allgemeinmediziner Dr. Thomas Nasse zur Servicestelle für Facharzt-Termine: Da wird nur Geld verbrannt
Mettmann. „Den nächsten freien Termin gibt es leider frühestens in drei Monaten“ — bei bestimmten Fachärzten mussten gesetzlich versicherte Patienten bisher lange Wartezeiten in Kauf nahmen. Ab diesem Jahr soll sich das ändern. Nach der neuen Regel soll Patienten innerhalb einer Woche ein Behandlungstermin in zumutbarer Entfernung vermittelt werden, der innerhalb der nächsten vier Wochen stattfindet.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sind verpflichtet, ab dem 23. Januar eine entsprechende Terminservicestelle zur Verfügung zu stellen, etwa in Form eines Callcenters oder auf einer Webseite. Voraussetzung für die Patienten ist, dass sie eine als dringlich gekennzeichnete Überweisung haben. „Patienten, die sich bei der Terminservicestelle melden, bekommen einen Termin beim Facharzt, der ihnen zugewiesen wird“, sagt eine Gesundheitsexpertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Thomas Nasse, Allgemeinmediziner
Das bedeute, dass die Patienten eine gewisse Strecke in Kauf nehmen müssen. Als zumutbare Entfernung gilt laut Rahmenvertrag zwischen Krankenkassen und KV etwa die Wegstrecke von der Wohnung zum nächstgelegenen Facharzt — plus 30 Minuten Wegstrecke mit dem öffentlichen Nahverkehr. Bei stark nachgefragten und spezialisierten Fachrichtungen wie Radiologie kann die zumutbare Wegstrecke sogar noch länger sein. Auch „ein Anspruch auf Terminvermittlung zu einer bestimmten Wunschzeit besteht nicht“, heißt es in einem KV-Infoblatt.
Der Mettmanner Facharzt für Allgemeinmedzin und DRK-Kreisverbandsarzt, Dr. Thomas Nasse, sieht die neue Regel sehr kritisch: „Mit den neuen Termin-Servicestellen für Facharzttermine wird ein kostenintensives Verwaltungsinstrument geschaffen. Kurz gesagt: Es wird wieder Geld verbrannt.
Hat ein Hausarzt (und ich spreche hier für alle Hausärzte im Kreis Mettmann) bei einem Patienten den Verdacht auf eine ernsthafte Erkrankung, die eine schnelle Abklärung erfordert, wird er sicher nicht einfach eine Überweisung ausstellen und den Patienten auf den Weg schicken. Jede Ärztin, jeder Arzt greift in diesem Falle zum Telefon und organisiert einen zeitnahen und ortsnahen Termin, gegebenenfalls am gleichen Tag.“ Der Hausarzt koordiniere die weitere Behandlung oder Diagnostik, indem er die Fachkollegen, mit denen er ja häufiger kooperiert, direkt in schriftlicher oder mündlicher Form informiert.
Nasse: „Hier zeigt sich, wie wichtig der sogenannte Primärarzt ist. Nach dem neuen System würde der Patient mit einer Überweisung und einem Code an eine Hotline verwiesen, um dann im Umkreis von einer maximal einstündigen Anfahrt einen völlig unbekannten Facharzt zu konsultieren.“ Natürlich werden bei nicht dringlichen Erkrankungen auch Überweisungen ausgestellt und der Patient aufgefordert, gelegentlich einen Facharzt aufzusuchen, sagt Nasse. Aber: „Man fragt sich, warum die Facharztpraxen so oft überfüllt sind. Patienten, die sich selbst überweisen obwohl nicht unbedingt erforderlich, blockieren häufig wichtige Termine. Ein Anruf oder eine kurze Konsultation der Hausärztin oder des Hausarztes bringen oft deutlich schneller Klärung.“
Es entstünden durch die neue Regelung wieder einmal unnötige Kosten, die besser für eine adäquate Behandlung ausgegeben werden sollten. Eine Senkung der Krankenkassenbeiträge werde, so Nasse, sicher nicht erreicht.