Besuch der Geburtsstadt: Nach 67 Jahren auf Spurensuche
Der Sohn einer Zwangsarbeiterin besuchte seine Geburtsstadt.
Mettmann. Anatolij Rossacha ist glücklich, dass er die Orte seiner Herkunft und Kindheit kennenlernen kann. Seit seiner Geburt war er nicht mehr in Mettmann. Und das war vor 67 Jahren.
1944 wurde er in der Landesfrauenklinik in Wuppertal als Sohn einer aus ihrer ukrainischen Heimat verschleppten Zwangsarbeiterin geboren. Seine Mutter musste für die Firma „Wagner & Englert“ in Mettmann arbeiten.
Natürlich kann er sich nicht an Mettmann oder Wuppertal erinnern. Denn nach dem Krieg waren seine Mutter und er in Mettmann nicht mehr erwünscht und wurden zurück in die Ukraine geschickt. Da war Anatolij noch ein Kleinkind.
Aber die Geschichte seiner Geburt hat seine Mutter ihm immer wieder erzählt — wie sie danach auf dem Weg zurück ins Lager ausnahmsweise die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, sich aber nicht hinsetzen durfte, während die begleitende deutsche Krankenschwester ihn auf dem Arm hielt.
Während seines Besuches Mitte April auf Einladung der Stadt Wuppertal begleiteten ihn die Mitglieder des Vereins „Spurensuche — NS-Geschichte in Wuppertal“. Dabei besuchte Anatolij Rossacha auch Mettmann, um einen Eindruck davon zu bekommen, wo seine Mutter damals gelebt hat.
Rainer Köster, der in eigener Initiative die Zeit des Faschismus im Kreis Mettmann erforscht und aufgearbeitet hat, begleitete die Gruppe und konnte an den jeweiligen Schauplätzen in der Stadt die Informationen erläutern.
So wie seine Mutter die Stadt damals kennengelernt hat, ist sie heute natürlich nicht mehr erkennbar. Deswegen waren die Erläuterungen von Rainer Köster für Anatolij Rossacha von großer Bedeutung. Die nimmt er zurück mit in die Ukraine, wo seine 1922 geborene Mutter lebt, die sich die weite Reise nicht mehr zumuten wollte.
Auf dem Ehrengräberfeld der Stadt fand er schließlich den Grabstein der Freundin seiner Mutter. Dort legte er an den Gräbern der damals verstorbenen Zwangsarbeiter ein Blumengesteck ab.