Chronik: Als Komissar Weylep der Knüppel traf

Vor mehr als 100 Jahren bezahlte ein Mettmanner Gendarm seinen Alleingang mit dem Tod. Die Täter wurden nie gefasst.

Mettmann. Um Himmelswillen, dieser Weylep. Wie kommt der Mann nur darauf, mitten in der Nacht allein auf Verbrecherjagd zu gehen. Vermutlich hätte man in jeder Polizeischule lernen können, dass Alleingänge im Dienst tabu sind. Aber damals, vor mehr als 100 Jahren, waren Polizisten eher Autodidakten.

Jedenfalls ist es eine tragische Geschichte, von der hier berichtet werden soll. Es geht um Mord und Totschlag. Und das Opfer war kein Geringerer als der örtliche Gendarm Weylep, der eigentlich für Ruhe und Ordnung im Städtchen hätte sorgen sollen.

Für all diejenigen, die beim Krimi immer zuerst die letzte Seite lesen: Der oder die Mörder wurden nie gefasst. Vermutlich auch, weil der Polizeikommissar nach seinem Ableben an allen Ecken und Enden fehlte. Es war einfach niemand mehr da, der die Aufklärung des Mordfalles in die Hand nehmen konnte. Auch die aus dem benachbarten Elberfeld angerückte Kriminalpolizei konnte kaum Licht ins mörderische Dunkel bringen.

Aber was hat sich nun eigentlich zugetragen? Jedenfalls hatte es besagter Gendarm vor seinem Ableben schon zum Kommissar gebracht. Er war mit seinem Kollegen für den städtischen Teil der Bürgermeisterei zuständig, ein dritter übernahm — bewaffnet mit dem obligatorischen Säbel — die Streifzüge durchs Ländliche.

Mit der Bewaffnung der Gendarmerie war das damals so eine Sache. Offenbar geschah es nicht selten, dass die Ordnungshüter überwältigt und mit dem eigenen Säbel bedroht wurden. Für Ruhe und Ordnung zu sorgen konnte also schnell zur lebensbedrohlichen Angelegenheit werden. Immerhin soll der gute Weylep schon einen Revolver gehabt haben. Gefunden hat man den allerdings ungenutzt, im Lederetui am Leibriemen des Erschlagenen.

Nun hatte es schon vor dem Mord an Gendarm Weylep reichlich Unruhe gegeben: Es wurden Hühner, Kaninchen und von einem Hofe sogar eine Ziege gestohlen, die man an Ort und Stelle abgeschlachtet hatte. Auch das Kortenhaus´sche Uhrengeschäft war Opfer eines Überfalls geworden. Die Ordnungshüter hatten also alle Hände voll zu tun, um den Verbrechern auf die Schliche zu kommen. Deshalb waren sie wohl auch mitten in der Nacht im Dienst.

Nun war unser Weylep allerdings ein ganz eifriger: Ohne sich mit seinen Kollegen abzusprechen, legte er sich eines Nachts auf die Lauer, um mutmaßlichen Hühnerdieben das Handwerk zu legen. Wo genau? Das hatte er keinem gesagt. Von diesem Einsatz kehrte er weder in der Nacht, noch an den folgenden Tagen zurück, was sich in Windeseile in der ganzen Stadt herumsprach. Wo sollte man ihn suchen, da doch niemand vom geheimen Einsatz wusste?

Nach einigen Tagen verbreitete sich die Botschaft wie ein Lauffeuer: Man hatte den Kommissar erschlagen im Oetzbecker Busch. gefunden. Vermutlich hatte ihn ein Knüppel auf den Kopf getroffen, so hieß es damals. Auch die mutmaßlichen Täter waren schnell ausgemacht. „Es mussten die ,Lücks’ gewesen sein“, war man sich sicher.

Die drei Brüder der Familie Lückenhaus hatten offenbar nicht den besten Ruf. Mit ihnen wohnte eine Frau, die mal Schwester, mal Ehefrau und mal keine von beiden sein sollte. Womit sich die Taugenichtse ihren Unterhalt verdienten, wusste auch niemand so genau. Dubiose Verhältnisse also, die vielen Mettmannern offenbar übel aufstießen. Und wer ein solches Lotterleben führt, dem ist auch so allerlei anderer Unfug zuzutrauen. Notfalls auch ein Mord. Jedenfalls war man sich schnell einig, dass man die Richtigen „an der Angel“ hatte.

Nach drei Wochen in Elberfelder Untersuchungshaft musste man „die Lücks“ allerdings auf freien Fuß setzen: Aus Mangel an Beweisen. Dabei wäre man in Mettmann wohl froh gewesen, wenn das ungehobelte Treiben der Familie auf diese Weise ein Ende gefunden hätte.