Ehrenamt im Mettmann: Mit 85 jeden Morgen ins Büro
Lore Tegtmeier ist seit 30 Jahren die gute Seele im Büro des Caritasverbandes.
Mettmann. Vor 30 Jahren klopfte Lore Tegtmeier bei der Caritas an. "Mir fiel zu Hause die Decke auf den Kopf. Ich wollte einfach raus unter Menschen", erinnert sich die rüstige alte Dame, die vor ein paar Tagen ihren 85. Geburtstag feierte. Damals wurde sie mit offenen Armen empfangen. "So jemanden wie Sie brauchen wir hier", hatte ihr der frühere Leiter der Caritas gesagt.
Mittlerweile ist Lore Tegtmeier seit drei Jahrzehnten als ehrenamtliche Mitarbeiterin dabei und damit die Dienstälteste im Haus. "Frau Tegtmeier ist unsere gute Seele", sagt Caritas-Bereichsleiter Thomas Rasch. Jeden Morgen steigt Lore Tegtmeier in ihr Auto und fährt ins Büro an der Johannes-Flintrop-Straße. Vier Stunden Büroarbeit, das ist ihr Tagespensum. Und wenn sie mal nicht da ist, was selten vorkommt, wird sie sehr vermisst. Ablage, Telefonzentrale, Korrekturlesen: Es gibt jeden Tag eine ganze Menge zu tun.
"Vor allem, wenn wir hier viel Stress haben, hilft uns Frau Tegtmeier sehr", sagt Caritas-Pressesprecherin Helene Adolphs. Dazu gehöre manchmal auch, die Kollegen mit einer Tasse Kaffee einfach nur für ein paar Minuten zur Ruhe zu bringen.
Damals, vor 30 Jahren, fiel Lore Tegtmeiers Entschluss für das Ehrenamt bei der Caritas ganz spontan. Ihr Ehemann war vor einigen Jahren gestorben, die beiden Kinder waren aus dem Haus. "Ich wollte etwas Sinnvolles tun. Den ganzen Tag nur shoppen, das war nichts für mich", erinnert sich Lore Tegtmeier.
Die Tochter hatte sich extra einen Tag frei genommen, um ihre Mutter zu begleiten. Dass es eine Arbeit im Büro sein sollte, stand von Anfang an fest. Und auch die Caritas hatte Lore Tegtmeier schon länger ins Auge gefasst. Der erste Arbeitstag ließ nicht lange auf sich warten, und bis heute gibt es dort genug zu tun.
Gefehlt hat die rüstige Seniorin in all den Jahren nur sehr selten. Als sie zwischenzeitlich schwer krank wurde, hat sie sich schnell wieder aufgerappelt. Wenn sie mal unvermutet nicht ins Büro kommt, werden die Kollegen unruhig und machen sich Sorgen. "Da haben wir auch schon mal schnell bei der Tochter angerufen, um uns zu erkundigen", erinnert sich Helene Adolphs.
Auch privat hat Lore Tegtmeier immer noch alle Hände voll zu tun. Sie singt im Kirchenchor, unterstützt den Handarbeitskreis und kegelt im Club.
Von der Warteliste für eine Wohnung im Seniorenheim hat sie sich erst vor kurzem streichen lassen. "Ich lasse es jetzt darauf ankommen. Im Moment komme ich in meinem Haus noch gut allein zurecht", sagt sie. Ihre Kinder und Enkel sieht sie nur selten. "Sie wohnen zu weit weg", bedauert sie.
Ans Aufhören denkt Lore Tegtmeier jedenfalls noch lange nicht: "Als ich 80 war, kam mir mal so ein Gedanke. Aber mir würde etwas fehlen, und deshalb mache ich weiter, so lange es geht."