Erkrath: Ausnahmezustand in der Stadt
Mehr als 30 Wagen und Fußgruppen zogen am Samstag beim 20. Erkrather Karnevalszug durch die Stadt.
Erkrath. Besser hätte es kaum kommen können. Nur wenige Wolken ziehen an diesem Samstag über Alt-Erkrath, und so ist die Stimmung auf dem Gerberplatz schon vor Beginn des 20. Erkrather Karnevalszuges ausgelassen.
Obwohl zweimal zehn Jahre für streng gläubige Karnevalisten kein wirkliches Jubiläum sind, hat das Zugaufgebot doch Jubiläumsausmaß. Mehr als 30 Wagen und Fußtruppen werden sich gleich formieren und auf die rund drei Kilometer lange Strecke "durch’s Dorf" machen.
Nicht nur in puncto Masse hat es der Zug in diesem Jahr in sich. Auch die Mischung stimmt. Besonders markant ist die Gruppe der BmU. Sie hat sich die Kohlenmonoxid-Pipeline zum Thema gemacht und schleppt ein langes Stück Rohr mit sich. "Wir knicken nicht ein", ist die Botschaft der als Bauarbeiter verkleideten Umweltfreunde.
Nebenan die Feuerwehr hat im Vergleich zum Vorjahr mächtig aufgerüstet. Der riesige LKW hat nun auch noch einen Anhänger, auf dem die als Teufel kostümierten Brandschützer ihre Kinder in der Teufelsschule hinter sich herziehen. Sogar eine Toilette ist an Bord.
Ohrenbetäubend ist die Musik - die verschiedenen Gruppen konkurrieren um die höchstmögliche Lautstärke der Feierhits á la "Rotes Pferd" oder Peter Brings. Volkspolizist Thomas Leich lässt sich davon nicht ablenken. Eisern sorgt der Abschnittsbevollmächtigte mit der Trillerpfeife für Ordnung. "Das Kostüm ist original aus der DDR", sagt das Mitglied der Ercroder Jonges. Er sorgt dafür, dass beim Heimatverein niemand unter die Räder kommt.
14.11 Uhr: Langsam rollt der Zug an, macht sich auf den drei Kilometer langen Rundweg. Mehr als 600 Meter misst der Zug in diesem Jahr. Kaum hat der letzte Wagen die Gerberstraße durchfahren, kommt Bewegung in das närrische Publikum. Nur wer schnell ist, kann noch einen guten Platz auf der Bahnstraße erwischen, und das wissen hier alle. Die Fußgängerzone ist der Höhepunkt des Zuges. Dort kommen die großen Karnevalswagen nur im Schneckentempo voran, so dicht stehen die Piraten, Clowns und Teufel am Straßenrand gedrängt.
"An den Kamelle kann man sehen, wie schlimm die Finanzkrise schon ist", sagt eine junge Piratin zur Linken. Das soll funktionieren? Der erste Wagen schleicht unter Helau-Rufen vorbei, und genau eine Tüte Weingummi landet vor den Füßen der Freibeuterin. "Na, das kann ja heiter werden", murmelt sie und steckt die Beute ein.
Doch schon wenig später kann sie aufatmen: die Kamellen fliegen nun dichter. Doch nicht alles trifft den Geschmack des Volkes - das klassische Bonbon im bunten Papier wird von den Kindern eiskalt verschmäht.
Anders als in den Vorjahren lässt sich diesmal kein wirkliches Trendkostüm ausmachen. Piraten feiern neben Mönchen, Sträflinge stoßen mit Hexen an. Immer beliebter werden kunstvolle Gesichtsbemalungen.
Doch was kommt da die Bahnstraße herauf? Eine Gruppe schwarzafrikanischer Stammeskrieger in Baströcken und wilder Kriegsbemalung nähert sich unter tosenden Trommelschlägen und schwingt gefährlich spitze Speere. Die Kamellejäger applaudieren. Da hat Schützenkönig Frank Nicolay mit seinem Pagencorps den richtigen Riecher beim Motto gehabt.
Und da ziehen die Genossen vorbei: Auf einem großen Himmelbett tragen sie den, so verrät ein Schild, Bürgermeister 2009. Doch nicht Detlef Ehlert erhebt sich dort unter der Bettdecke mit dem Erkrather Stadtwappen, es sieht ganz so aus, als würde Juso-Vorsitzender Christian Hellwig da Ambitionen aufs Bürgermeisteramt hegen.
Der echte Bürgermeisterkandidat hingegen gibt sich volksnah und läuft in der Schar der rot uniformierten SPD-Fußtruppen. Doch es scheint, als habe der Spitzenkandidat Sorge, in seiner roten Uniform nicht auffällig genug zu sein. Seine Uniform ziert ein riesiger "Ehlert"-Aufdruck auf dem Rücken.
"Man merkt, dass Wahlkampf ist", kommentiert eine buntgewandete Clownsfrau am Straßenrand etwas verächtlich, als dann auch noch der Wagen der CDU vorbeirollt. Die Christdemokraten sind eben kein Dauergast beim Erkrather Karnevalszug, und so ist die Freude groß, als der Wagen der "Erkrather" ankommt. "Ob Ehlert, Werner oder Knitsch - im Rathaus tut sich trotzdem nichts", ist die Meinung des Heimatvereins zum erwachten politischen Aktionismus.
Als einer der letzten Wagen kriecht das riesige Gespann der Feuerwehr durch die Fußgängerzone. Ihr Motto: der hohe Gaspreis. "Gas ist höllisch teuer, drum frieren wir wie die Ungeheuer", beschweren sich rund 40Teufel und Hexen. Recht haben sie. Zwar sinkt der Gaspreis gerade wieder, aber höllisch kalt ist es an diesem Erkrather Karnevalssamstag wirklich.