Erkrath: Hilfe für Tallinn - Das Ende von Träumen und Teigtaschen

Wolfgang Peter erinnert sich an seine 75 Touren mit Spenden. Einmal noch will er fahren. Danach soll Schluss sein.

Erkrath. Wenn auf der linken Seite der Autobahn das große Werk eines Futtermittelherstellers ins Blickfeld gerät, ist Hamburg nur noch eine Autostunde weit entffernt. Wolfgang Peter hat so seine Orientierungspunkte, wenn er von Erkrath aus in die Hansestadt fährt.

Seit 1991 hat der pensionierte Lehrer, der am Gymnasium Alt-Erkrath Englisch und Französisch unterrichtet hat, den Norden der Republik regelmäßig auf seiner Route. 75 Mal, um genau zu sein. "Das sind rund 65 000 Kilometer", sagt er.

Eineinhalb um den Erdball ist der 64-Jährige allerdings nicht aus Freude, sondern in Diensten humanitärer Hilfe gefahren: Nachdem das Gymnasium 1990 eine Partnerschaft mit einer Schule in Tallinn/Estland eingegangen war, erfuhr auch Peter von der Bedürftigkeit der dort lebenden Menschen. Von seiner damaligen Kollegin Rose Slotty initiiert, stiegt Peter in die Hilfsaktion - und damit Transportfahrzeuge ein.

Mit denen brachte er in den vergangenen 16 Jahren Spenden von Organisationen und Privatleuten nach Hamburg. Von dort aus werden die Güter mit dem Schiff nach Tallin transportiert. "Zuletzt haben wir Spenden für ein Heim geistig behinderter Erwachsener befördert", so Peter. "Vor allem Kleidung und Spielzeug für die therapeutische Arbeit."

Die 75. Fahrt war Peters vorletzte. Einmal noch will er. "Das Spendenaufkommen ist rückläufig und die Bedürftigkeit ist nach dem jüngsten Wirtschaftsboom in Tallinn nicht mehr gegeben." Außerhalb dieser Großstadt sei der neue Wohlstand allerdings noch nicht angekommen.

"Die letzte Fahrt wird mehr schwerfallen", vermutet Peter, der eigentlich bereits nach der 50. Tour hatte den Zündschlüssel an den Haken hängen wollen. Vermissen wird er auch den Wirt des italienischen Restaurants Trastevere in Hamburg. "Über ihn hatte ich mal eine Sendung im Fernsehen gesehen, wo er sagte, dass er die Rezepte für seine Gerichte nachts träumt."

Peter machte den kreativen Gastronom ausfindig und bestellte das Essen der Nacht - an jenem Tag Teigtaschen, gefüllt mit Lachs. "Köstlich. Danach habe ich das Restaurant bei keiner Fahrt ausgelassen." Zuletzt aß Wolfgang Peter jedoch á la carte: "Der Wirt sagt, dass er nichts mehr träumt."