Bürger-Baugruppe „Dependance Erkrath“ Bürger-Baugruppe hat das Ziel fest im Blick
Erkrath · Vor etwa zehn Jahren hatten Erkrather Bürger eine zukunftsweisende Bauidee. Das Projekt, das sich wegen unvorhersehbarer Ereignisse noch einmal gründlich gewandelt hat, ist nun auf der Zielgeraden.
Einer muss es ja machen. Einer muss anders bauen, als es noch Standard ist, und beweisen, dass Klimaschutz und Hausbau vereinbar sind. Der Erkrather Architekt Wolfgang Teiwes hat diese Rolle angenommen und das noch keinen Tag bereut. Mittlerweile hält er sogar Vorträge über sein Lebensthema. Nur sein dazu passendes Erkrather Mehrfamilienhaus steht immer noch nicht.
An Teiwes und seiner Bürger-Baugruppe „Dependance Erkrath“, mit der er das Ganze stemmen will, liegt es nicht. Aber Bauprojekte, zumal ausgefallene, und die dazugehörigen Genehmigungsverfahren sind eine langwierige Sache mit vielen Beteiligten. Und dann gab es mit dem Großbrand an der Grundschule Sandheide auch noch eine Zäsur, die niemand vorhersehen konnte, und die alles auf den Kopf stellte. Aber der Reihe nach.
Der 2013 gefasste, ursprüngliche Plan war, die damals größtenteils brachliegende alte Realschule Schmiedestraße nach dem Auszug von Tafel und SKFM bis auf das Stahlbetongerüst zu entkernen und mit barrierefreien Wohneinheiten in Modulbauweise zu füllen, gerade so wie Kartons in ein Regal. Technisch auf dem aktuellen Stand, umweltverträglich, energieeffizient, großzügig geschnitten, die oberen Geschosse per Aufzug erreichbar. Mit vorgefertigten Badezimmer-Modulen, erhellt durch Lichthöfe. Ohne Balkon oder Loggia, aber mit Innenhöfen für den gemeinschaftlichen Aufenthalt.
Dieser Plan gefiel nicht allen in der Politik. Es sei ein Luxusprojekt vermögender Bürger, die dafür angeblich ihre Eigenheime verkaufen wollten, hieß es damals, die Stadt brauche aber bezahlbaren Wohnraum für junge Familien. Befürworter des Projekts lobten das Ressourcen schonende Projekt auf einer ja ohnehin schon versiegelten Fläche. Es war die Ratsmehrheit und die Baugruppe konnte ihr Vorhaben konkretisieren. Doch dann stand die Grundschule Sandheide in Flammen und die Stadt beanspruchte die alte Realschule als Ausweichquartier, mittlerweile auf unabsehbare Zeit.
Für die Baugruppe, zwischenzeitlich eine Genossenschaft, war das ein Schock. Die Planungen waren bereits ausgearbeitet und die führenden Köpfe zumeist in fortgeschrittenem Alter. Und zehn von ihnen längst und wild entschlossen, ihre viel zu groß gewordenen Häuser zu verkaufen und in kleinere, moderne Wohnungen zu ziehen. Sie gaben sich daher nicht geschlagen, brachten zügig eine neue Idee auf die Schiene. „Wir machen weiter, nur anders“, hieß es, dann eben auf einem Nachbargrundstück der Schule.
Dieses 3000 Quadratmeter große Gelände ist derzeit noch eine Wiese, auf der sich Anwohner sonnen und Hunde spazieren geführt werden. Kritik war also erneut programmiert. Das geplante Modulbau-Gebäude gliedert sich in drei Geschosse, auch das Kellergeschoss auf der Hangseite des Grundstücks soll für Wohnnutzung geöffnet werden. Vorgesehen sind 21 Wohneinheiten, davon sieben Sozialwohnungen, zwischen 50 und 100 Quadratmeter, die sich an den Größenvorgaben aus dem öffentlich geförderten Wohnungsbau orientieren.
Muss dafür auch, was vor allem die dem Projekt eigentlich zugeneigten Grünen und die BmU ärgert, eine Freifläche versiegelt werden, so halte die Gruppe doch an ihren drei Eckpfeilern Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Nachhaltigkeit fest, wie Wolfgang Teiwes betont. Beispiel: Die Niederkrüchtener Firma, die für die Fertigung der Millrather Module sorgen soll, arbeite ausschließlich mit heimischen, der Trockenheit zum Opfer gefallenen Nadelhölzern (aus dem Bergischen Land). „Für Möbel kann man dieses Holz nicht mehr verwenden. Für Wohnungsbaumodule, die aus mehreren verleimten Schichten bestehen, ist es aber gut geeignet“, sagt Wolfgang Teiwes, den das modulare Bauen seit seinen Studientagen (Abschluss im Jahr 1968) beschäftigt.
Gebaut werden soll mit einem betonierten Keller als Grundlage, auf dem dann hölzerne Wohnungsmodule gestapelt werden. Für weiße Wände im Inneren wird Gipskarton aufgeschraubt. Teiwes ist davon überzeugt, dass man mit dieser Bauweise auch im Wohnungsbau wirtschaftlich arbeiten kann – und dass Bauen mit industriell vorgefertigten Modulen aus Schichtholz die Zukunft ist und irgendwann kostengünstiger sein wird als der konventionelle, klimaschädliche Betonbau.
Am 17. August steht das Projekt noch einmal auf der Tagesordnung der Politik, dann geht es um das Bebauungsplanverfahren. Gibt es grünes Licht, wollen die Baugruppe und ihre Mitstreiter im Oktober 2023, zehn Jahre nach der Geburt ihrer Idee, fertig und bis Weihnachten eingezogen sein. Für Behaglichkeit soll Fernwärme sorgen, die bereits das Grundstück durchläuft.