GF: Grünes Licht für Mehrarbeit
Die Mitarbeiter wollten freiwillig Überstunden leisten, der Betriebsrat sagte „Nein.“ Was folgte, war ein Protest vor den Toren der Firma Georg Fischer.
Mettmann. Rund 400 Mitarbeiter zogen gestern Mittag spontan vor das Werkstor der Firma Georg Fischer (GF) an der Flurstraße. Sie protestierten gegen den eigenen Betriebsrat, der nicht seine Unterschrift unter eine Vereinbarung zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat gesetzt hatte. Erst nach zwei Stunden verkündete ein Betriebsratsmitglied vor der Belegschaft die Entscheidung: Alle Arbeitszeiten, also Überstunden und Mehrarbeit, sind genehmigt. Dies gilt auch für die Mehrarbeit an den Feiertagen. Es folgte großer Beifall der Arbeitnehmer. Diese Vereinbarung gilt allerdings nur für zwei Monate, dann muss neu verhandelt werden. Der Betriebsrat will sich aber mit der Geschäftsführung an einen Tisch setzen und reden.
GF-Mitarbeiter
Die Stimmung war aufgeladen. Der Chef der Eisengusswerke von GF, Dirk Lindemann, hatte der Belegschaft am Donnerstag mitgeteilt, falls nicht die Aufträge der Automobilfirmen fristgerecht erfüllt würden, müssten Teil der Produktion in andere GF-Werke verlagert werden. Im Gespräch sind 7000 Tonnen im Quartal. Sprich 28 000 Tonnen im Jahr. Dies hätte zur Folge, dass Arbeitsplätze in Mettmann — man spricht von 200 — auf der Kippe stehen. „Seit dem 11. April liegen die beantragten Überstunden auf dem Tisch des Betriebsrates“, sagte ein Mitarbeiter. „Was der Betriebsrat jetzt macht, ist eine reine Hinhaltetaktik. Und zwar auf Kosten der Belegschaft.“
Die Konzernleitung in Schaffhausen hatte der Geschäftsführung in Mettmann eine Frist bis zum 6. Mai gesetzt. Wenn dann keine positive Entscheidung in Sachen Mehrarbeit gefallen wäre, dann hätte man Teile der Produktion verlagert. Mit Spruchbändern „Wir sind Georg Fischer“ und „Ja zur Mehrarbeit“ protestierten die Mitarbeiter gegen den Betriebsrat. Binnen weniger Tage sind 671 Unterschriften gesammelt worden, mit denen die Mitarbeiter vom Betriebsrat grünes Licht für die Mehrarbeit forderten.
„Seit vier Jahren gibt es Knatsch zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsführung“, sagt Thomas Frey, ehemals selbst Mitglied der Arbeitnehmervertretung. Georg Fischer hat in den letzten Jahren rund 111 Millionen Euro in Mettmann investiert; also ein klares Bekenntnis zum Standort. Aber: Die Lohnkosten, so ein Mitarbeiter, seien sehr hoch, der Markt in Europa zunehmend schwierig. Da GF Mettmann in den vergangenen Monaten nicht mehr genügend Aufträge hatte, wurde im März die Formanlage IMC stillgelegt. GF hat im vergangenen Jahr einen satten Verlust eingefahren, die Prognose für 2016 sehe nicht besser aus, hieß es aus Belegschaftskreisen. „Gerade in dieser Situation ist es sehr wichtig, dass wir unsere Aufträge erfüllen, und zwar am Standort Mettmann“, so Christoph Stratmann, Leiter der Gießerei. Massive Kritik gab’s gestern am Vorsitzenden des Betriebsrates. „Er spielt sein eigenes Machtspielchen“, so Mitarbeiter. Die Stimmen mehren sich, ihn abzuwählen. Die Masse der Belegschaft fühlt sich nicht mehr von ihm vertreten.