Haan: Schmuddelbücher entsorgt

In der Notunterkunft der Bücherei lagern 650 Kartons mit Literatur. Jetzt wird ausgemistet.

Haan. 650 handelsübliche Umzugskartons beherbergen zurzeit in der Stadtbücherei-Notunterkunft im Ex-Bauhof 25 000 Bücher, Hörbücher und DVDs. Chefin Gabriele Schnabel, Oberaufpasserin auf all diese Schätze, erkennt anhand der Kombination aus Buchstaben- und Zahlenkennung sofort, was wo ist. Die Kürzel "Re-Rk" stehen etwa für Kunstgeschichtliches, "das ist allgemeine Systematik, das weiß man aber als Bibliothekarin", sagt Schnabel.

Ein gutes Fünftel des nun hier zwischenlagernden Bestandes ist unsortiert und kunterbunt in Kartons vermischt. Zum Zeitpunkt des Umzugs im August vergangenen Jahres waren diese Werke ausgeliehen. Gabriele Schnabel kann das nicht schocken. "Das ist die Gelegenheit, mal richtig auszusortieren." 7500 Medien werden entsorgt.

Denn zur Wiedereröffnung im kommenden Herbst will die Stadtbücherei sich mit neuem Profil präsentieren. Neben der Aktualität und der Bandbreite von Buch über Hörbuch mit Kassette und Blu Ray ist die Optik ein wesentliches Merkmal.

Deshalb machen Gabi Schnabel und ihre Mitarbeiter, Stellvertreter Jörg Lehmann und Bibliotheksassistentin Erika Broszeit, aus der Not der Zwischenlagerung eine Tugend und misten knallhart aus. Nach dem Aschenputtel-Prinzip "Die Guten ins Töpfchen" wandern zerschlissene, zerlesene, dreckige oder schlicht müffelnde Bücher "ins Kröpfchen", in diesem Fall in die Blaue Tonne.

"Wenn ein Titel 70 bis 100 Ausleihen auf dem Buckel hat, sieht man es ihm an. Der darf dann auch mal ausrangiert werden." Dieses Schicksal erleiden veralterte Ausgaben von Technik- und Wissenschaftsbänden sowieso, ebenso wie Bücher zum Themenkreis Recht oder Steuern. "Die sind einfach nicht mehr aktuell."

Und Aktualität ist Trumpf. "Bis 2009 hat die SWT-Stiftung die aussortierten Bücher für uns verkauft." Seitdem bei "Ebay" aber Portogebühren anfallen, lohnt das oft nicht. Auch Schulen interessieren sich nicht unbedingt für Fachbücher mit dem Faktenstand von vor zehn Jahren. Deshalb gibt es im Provisorium der Stadtbücherei einen Verkauf, manche Bestände gehen in die Kita zu den Vorlesepaten.

Der Sortierungsprozess ist übrigens höchst exklusiv. Dazu wird jedes Medium von Jörg Lehmann in die Hand genommen und geprüft. Wie oft wurde es im vergangenen Jahr entliehen? Wie oft wurde es seit der Anschaffung überhaupt gebraucht? Gibt es weitere Exemplare? Das sind Kriterien, nach denen der Fachmann prüft. "Irgendwo müssen wir ja auch alles unterbringen", erklärt er so manchen dann doch auszurangierenden Schatz. "Man darf sich nicht verzetteln." Schließlich werden auch die Klassiker der Weltliteratur immer wieder neu publiziert oder als Hörbuch eingelesen. Es gehe also nichts verloren.

Das wichtigste Ziel sei, die Bücherei im modernen Medien-Mix zu bestücken und als Medien-Zentrum den Haanern zu präsentieren. So genannte stille Medien wie Bücher, Zeitschriften und Zeitungen brauchen mehr Werbung. Und genau die soll mit einem aktuellen, ansprechenden Bestand gemacht werden. "Es soll richtig Spaß machen, die Bücherei zu besuchen."