Haushalt in Mettmann Verwirrung und Chaos im Rat

Mettmann · Mettmanner Rat kippt den Nachschlag bei der Grundsteuer B. Politik mahnt juristischen Sachverstand an.

 Der Mettmanner Rat stimmte über den Haushalt 2022 ab. Am Ende wurde ein Etat angenommen und weitere Sparanstrengungen versprochen.

Der Mettmanner Rat stimmte über den Haushalt 2022 ab. Am Ende wurde ein Etat angenommen und weitere Sparanstrengungen versprochen.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

(dne) Der Rat hat am Dienstagabend den Haushalt für 2022 beschlossen. Dessen Rahmen bezifferte die Stadt am Tag danach so: 130 Millionen Euro an Erträgen stehen 133 Millionen Euro an Aufwendungen gegenüber. Das Defizit ist seit Haushaltseinbringung im Dezember von ursprünglich zwei auf drei Millionen Euro gestiegen. Dieses Geld muss die Kämmerin leihen. Das Defizit der Stadt Mettmann wächst.

Beschlossen wurde unter anderem eine Anhebung der Hundesteuer um durchschnittlich 20 Euro pro Hund und Monat ab dem 1. Januar 2023. Die Grundsteuer A auf land- und forstwirtschaftliche Flächen soll um 60 Punkte auf einen Hebesatz von 290 Prozentpunkte klettern – rückwirkend zum Jahresbeginn. Das soll 20 000 Euro einbringen. Zudem gab es das Versprechen der Bürgermeisterin, dass nun die Sparvorschläge des Beratungsunternehmens Imaka so rasch wie möglich umgesetzt werden sollen.

Knappe Ratsmehrheit kippt Anhebung der Grundsteuer B

In der Debatte kippte eine knappe Ratsmehrheit die im Zahlenwerk eingepreiste Anhebung der Grundsteuer B auf Häuser und Eigentumswohnungen um 25 Prozentpunkte. Sie hätte 425 000 Euro in die Stadtkasse gespült. Doch ein Anwohner hatte sich in einer Einwendung gegen diesen weiteren Nachschlag ausgesprochen. Bürgermeisterin Sandra Pietschmann empfahl im Namen der Verwaltung, die Bürgereinwendung abzulehnen. Die Grundsteuer-Anhebung verteile die kommenden Lasten für die Pflichtaufgaben wie Schulbau und neue Feuerwache auf die Mettmanner Bürger.

CDU-Fraktionschef Fabian Kippenberg erinnerte seine Ratskollegen daran, wie viele Projekte Mettmann „aufgegleist“ habe: „Ich erkenne nicht, dass wir 2023 in einer besseren Lage sein werden.“ Deswegen sei eine moderate Grundsteuererhöhung notwendig. SPD-Fraktionschef Florian Peters bedauerte, dass die Stadt bei den Sparanstrengungen noch nicht so weit gekommen sei, wie alle gehofft hatten: „Wir sprechen heute über eine Art Zwischenhaushalt, in dem Defizit nicht noch größer werden darf.“ Deshalb seien 25 Punkte Plus bei der Grundsteuer ein „überschaubarer Beitrag“.

Widerspruch gab es von den Grünen. Fraktionssprecherin Rebecca Türkis verwies darauf, dass den Mettmanner Bürgern Sparanstrengungen versprochen worden seien. „Deshalb wollen wir Grüne erst alle Sparvorschläge prüfen und umsetzen, bevor wir über weitere Steuererhöhungen sprechen.“ Klaus Müller erinnerte für die FDP daran, dass die Liberalen die einzige Steuersenkungspartei im Rat seien. André Bär von der Linken lehnt die Grundsteuer B-Anhebung ab, „weil sie auch Mieter und Menschen mit geringen Einkommen trifft“. Andreas Konrad von der Wählergemeinschaft Zur Sache! Mettmann ging noch einen Schritt weiter: „Wir fordern, die Grundsteuer B um 25 Prozentpunkte zu senken – als Zeichen an die Bürger, dass wir es mit dem Sparen ernst meinen.“

Als die Bürgermeisterin über die Einwendung des Bürgers abstimmen ließ, geriet der Rat ins Stolpern. Grund war die komplizierte Formulierung. Wer Bürgers Nein zur Grundsteuererhöhung zurückweisen wollte, musste dem Verwaltungsvorschlag zustimmen. Das taten 26 Ratsleute, 27 Politiker aber lehnten ab. Verblüffung in der Aula des Heinrich-Heine-Gymnasiums. „Na das wird ja gleich bei der Abstimmung über den Haushalt spannend“, sagte die Bürgermeisterin.

Was sie und viele andere im Saal zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfasst hatten: Mit diesem Beschluss war ein späteres „Ja“ zur Grundsteuerhöhung ausgeschlossen. Bis sich diese Erkenntnis durchsetzte, brauchte es lange Sitzungsunterbrechungen. Rechtskundige Politiker aus CDU und FDP scharten sich um die Bürgermeisterin. Ein Ausweg fand sich nicht. Die Grundsteuer B bleibt in diesem Jahr unangetastet. Der Bund der Steuerzahler NRW sprach von einer guten Nachricht für die Steuerzahler in Mettmann. Nun müsse der Hebesatz für die Grundsteuer B von 675 auf 479 Prozentpunkte gesenkt werden.

Zahlreiche Ratsmitglieder äußerten sich entsetzt über die „skurrile“ und „chaotische“ Sitzungsleitung durch Bürgermeisterin Sandra Pietschmann. Ein langjähriges Ratsmitglied sprach „von einem absoluten Tiefpunkt“. Florian Peters (SPD) sagte: „Das Vertrauensverhältnis zwischen Verwaltung und Politik ist nicht zerstört, aber schwer angeknackst.“ Er, aber auch FDP-Chefin Andrea Metz forderten die Bürgermeisterin auf, für juristischen Sachverstand an der Verwaltungsspitze von Mettmann zu sorgen. Notfalls müsse man sich juristische Kompetenz via Honorar hinzukaufen.

Nils Lessing von den Grünen fasste es so zusammen: „Überhaupt fordern wir für den nächsten Haushalt, dass dieser endlich für alle Ratsmitglieder und Bürger transparent gestaltet werden muss, die wirklichen Handlungsmöglichkeiten realistisch abbildet und verständlich dargestellt ist.“