Hochdahl: Schmusetier mit acht Beinen
Die Awo-Kindertagesstätte hatte pelzigen Besuch: Aus einer Kiste krabbelten Vogelspinnen und „Haustiere“.
Hochdahl. Langsam und vorsichtig tastet sich Clara mit ihren Vorderbeinen auf den kleinen Händen der jungen Luna voran. Als sie eine angenehme Position gefunden hat, erstarrt Clara. Das Tier passt gerade so auf die Hände von Luna und macht in Obhut des Mädchens einen ganz entspannten Eindruck - ganz so, als wolle sie gekrault werden. Kein Problem, wäre Clara nicht eine ausgewachsene Vogelspinne.
"Clara ist ganz weich und lieb. Können wir uns auch so ein Tierchen kaufen", fragt die zweieinhalbjährige Luna in die Runde der anderen Kinder, die mit ihr in der Awo-Kindertagesstätte an der Kempener Straße sitzen. Dabei ist ihr faszinierter Blick unverändert auf das schwarzbraune, pelzige Haarkleid der Spinne gerichtet. Die sitzt nämlich noch immer friedlich in der Schale, die Lunas Handflächen bilden.
"Vor allem im Sommer schleppen die Kinder Marienkäfer und ähnliche Insekten an. Vor Spinnen aber haben sie Respekt, fast schon Angst. Die wollen wir abbauen", sagt Margitta Lehmann, Leiterin des Kindergartens, in dem Clara am Mittwoch der Stargast ist.
Stephan Loksa, freier Mitarbeiter des Aquazoos Düsseldorf, hat die Vogelspinne mit einigen ihrer achtbeinigen Artgenossen mitgebracht. Mit ihrer Hilfe versucht er, den knapp 70 Kindern der Einrichtung Wissen über Spinnen zu vermitteln und Ängste abzubauen.
"Je kleiner die Kinder sind, desto besser. Da sind sie offener und noch nicht so vom Angst und vom Ekel beeinflusst, den sie von ihrer Umwelt vermittelt bekommen", sagt Loksa, der mit seinen Spinnen schon seit mehr als zehn Jahren Schulen und Kindergärten heimsucht.
Der gebürtige Ungar geht in der Kindergruppe behutsam vor: Erst stellt er dem gespannten Nachwuchs Fragen zu Spinnen, dann vermittelt er viele Informationen wie die, das die Welt ohne Spinnen von Insekten übernommen würde.
Im nächsten Schritt folgt das eigentliche (Be-)Greifen. Zunächst verteilt Loksa in Kunstharz gegossene Präparate, dann folgen die lebenden Exemplare.
"So wird langsam eine Beziehung zwischen Kindern und Spinnen aufgebaut. Die spielerische Selbsterfahrung ist der beste Weg, um Ängste abzubauen. Die Kinder müssen wissen, dass Spinnen nützlich und nicht gefährlich sind", sagt Loksa und packt kleine Plastikdosen mit lebenden Achtbeinern aus.
"Die kennen wir aus Kellern und Gärten", erläutert er, als er die Dosen den faszinierten Kindern in die Hände drückt. Nach und nach weicht die Scheu. Die Spinnen werden genauer betrachtet. "Ich habe keine Angst", sagt der fünfjährige Hendrik voller Überzeugung und fasst eine Tarantel an.
Als Höhepunkt der Aufführung hat Clara ihren Auftritt. Plötzlich ist es still in der zuvor plappernden Kindergruppe. "Ist die riesig!" Die Kinder sind beeindruckt - fassen Clara nach kurzer Zeit jedoch tapfer an. Helden lassen sich das Spinnentier sogar auf den Kopf setzen.
"Ganz schön mutig", sagt Margitta Lehmann. Damit dieser Mut die Kleinen nicht verlässt, soll die "Spinnen-Arbeit" nicht vernachlässigt werden: "Wir werden den Besuch von Herrn Loksa morgen Revue passieren lassen und uns vielleicht sogar eine eigene Hausspinne samt Terrarium zulegen."