Kinoliebhaber sichern sich Erinnerungen
Im Weltspiegel-Theater fiel am Donnerstag der letzte Vorhang. Das Inventar wurde verkauft. Der neue Inhaber will modernisieren.
Mettmann. So sind sie wohl, die letzten Tage: Alles läuft wie immer — und dann ist plötzlich Schluss. Für Margarethe Papenhoff und Gabriele Rosslenbroich war das am Donnerstag, kurz vor Mitternacht. Gerade war noch „Ice Age 5“ von der Spule gelaufen. Die letzten Eintrittskarten an der Kinokasse, die letzte Vorstellung, der letzte Abspann. „Wir kommen noch gar nicht zum Nachdenken“, gab Margarete Papenhoff an diesem Abend einen flüchtigen Einblick in das Seelenleben der Familie, in dem es bislang vor allem eines gab: Kino, Kino und immer wieder Kino.
Klar, es wird weitergehen mit dem Weltspiegel-Theater — aber anders. Mit vibrierenden Kinosesseln und allerlei Technik. Cineasten werden wohl ihre Freude haben. Und dennoch scheint es kein Trost zu sein in einem Augenblick, in dem das letzte Kapitel einer Jahrhundertgeschichte geschrieben wird.
Margarete Papenhoff, Kinobetreiberin
Was kommt einem da nicht alles in den Sinn: Josef Rosslenbroich und seine „Maschine“, mit der er am dritten Augustsonntag im Jahre 1907 zum Kinodirektor avancierte. Im Winter wurde mit dem Kanonenofen geheizt, Stummfilme riefen anfangs noch den Erklärer auf den Plan. Gegen Toilettendüfte half die Parfümspritze, zwischendurch gab es selbst gebackene „Moppen“ vom Chef.
Später wurde der rote Teppich auch vor dem Königshoftheater ausgerollt. Romy Schneider, Rudolf Schock, Connie Froboess: Irgendwann kamen sie alle. Als Zarah Leander einen „Dornkaat“ brauchte, schickte Theaterchef Hubert Rosslenbroich seinen Angestellten zur Hausbar. Und immer mittendrin: Die Grand Dame des Mettmanner Kinos, Leonie Rosslenbroich, und die vier Schwestern, die lange darum gekämpft haben, das Königshoftheater aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken. Denn in der Poststraße war schon vor Jahrzehnten nach dem Abspann der „Tauchfahrt des Schreckens“ Schluss. Nun also ist auch im Weltspiegel-Kino für die Familie der letzte Vorgang gefallen. Und damit nicht genug: Gestern wurden dort auch noch die Kinosessel abmontiert. Ein schöner Gedanke, sich ein Stück der Jahrhundertgeschichte mit nach Hause nehmen zu dürfen. „Die sollen in den Kinoraum im Keller“, erzählt Nicole Delhaes von Einrichtungsplänen, die sie mit etlichen Cineasten teilte. Schon kurz nach der Eröffnung wuselten mehr als 100 Mettmanner mit Maulschlüsseln zwischen dem Mobiliar herum — auch Florian Stolle, der direkt einen Freund und ein ganzes Werkzeugset mitgebracht hatte, um sich mit den Klappsesseln seine Studentenbude einzurichten.
Und mittendrin der zukünftige Kinobetreiber Thomas Rüttgers, der beim Abschrauben selbst mit Hand anlegte. Mit ihm und einem modernisierten Kino soll im Herbst eine neue Ära im Weltspiegel-Theater beginnen.
Auch heute läuft noch von 11 bis 16 Uhr der Inventarverkauf im Weltspiegel-Theater. Verkauft werden Kinostühle, Plakate, Filmbanner, Aufsteller und Filmspulen. Der Reinerlös des Inventarverkaufs geht zugunsten des Kinderhospizes Burgholz und des Frauenhauses in Mettmann.