Leitstelle platzt aus allen Nähten

Sechs Mitarbeiter koordinieren alle Notrufe aus dem gesamten Kreis Mettmann. Die Zahl der Anrufe steigt stetig. Die Leitstelle braucht dringend mehr Platz.

Foto: Stephan Köhlen

Kreis Mettmann. Die Kreisleitstelle Mettmann ist über einen Code gesichert. Nur wer die Zahlenkombination kennt, darf diesen Raum betreten. Er ist das Herz der Zentrale, gehen hier doch die Notrufe aus acht Städten des Kreises Mettmann ein: Wer die 112 wählt, dessen Anruf landet in einem unscheinbaren Gebäude an der Laubacher Straße.

Absolute Ruhe ist hier erwünscht. Kein Gespräch darf die Mitarbeiter stören. Denn oft genug melden sich die Ratsuchenden am Telefon nur unverständlich. Genaues Hinhören ist dann gefordert. So wie gerade bei Hauptbrandmeister René Schafhausen. „Was ist passiert bei ihnen?“, fragt er die Anruferin am anderen Ende der Leitung.

Längst haben die Mitarbeiter der Kreisleitstelle keinen Telefonhörer mehr in der Hand, sondern nutzen ein Headset, das Kopfhörer und Mikrofon in sich vereint. So bleiben die Hände frei, um den Computer zu bedienen. „Also, er reagiert nicht auf Ansprache, ja?“, fragt Schafhausen. Zugleich klickt er mit der Maus auf ein Feld, das rot aufleuchtet: Gerade hat er ein Notarzteinsatzfahrzeug in Gang gesetzt, das zum Unglücksort nach Velbert eilt. Zugleich reserviert Schafhausen, ebenfalls per Mausklick, einen Platz in einem umliegenden Krankenhaus.

Mehr als 230 000 Anrufe gehen jährlich in der Kreisleitstelle Mettmann ein. 100 000 davon sind echte Notrufe. Jedes Jahr wächst ihre Zahl um bis zu vier Prozent. Die Kreisleitstelle aber, die im Gebäude der Feuerwehr Mettmann sitzt, kann nicht mitwachsen.

Michael Peters, Leiter der Kreisleitstelle

Es gibt keine Kapazitäten mehr. Und die Räume, die sie belegt, werden von der Feuerwehr dringend gebraucht. „Da drüben“, sagt der Leiter der Kreisleitstelle, Michael Peters, mit Blick auf die andere Straßenseite, „hat die Feuerwehr sogar schon eine Wohnung angemietet, um den Mitarbeitern Ruheräume zur Verfügung zu stellen.“ Die sind dringend nötig, um nach den Einsätzen abschalten zu können.

Auch für die Mitarbeiter der Kreisleitstelle, die im 24-Stunden-Dienst eingesetzt sind, aber immer nur vier bis fünf Stunden am Stück arbeiten und dann ausgewechselt werden müssen. Denn auch, wenn die Mitarbeiter „nur“ telefonieren, herrscht höchste Konzentration und Anspannung. „Es gibt auch Momente, die nicht ganz so schön sind, von der Belastung her“, sagt Hauptbrandmeister Torsten Eichler, ebenfalls Mitarbeiter der Kreisleitstelle. Und fügt hinzu: „Gerade dann, wenn es um den Bereich Kinderreanimation geht.“ Ein Kind in lebensbedrohlicher Situation, das geht den Männern immer noch nahe. Auch wenn sie — wie Schafhausen — schon 20 Jahre bei der Feuerwehr sind. Immer stärker beansprucht sind die Mitarbeiter der Kreisleitstelle aber auch dadurch, dass sie Anrufer bei Herzmassage oder Beatmung anleiten. Untersuchungen zeigen, dass es die Überlebenschancen von Patienten vergrößert, wenn beides schon beim Notruf einsetzt, sagt Peters. Doch während das minutenlang geschieht, ist die Rettungskraft mit dem Telefonat gebunden. So „fällt ein Platz in der Zentrale aus“, erläutert Peters. Notrufe werden zu den übrigen Kollegen geleitet. Sind es besonders viele, können im ersten Stock drei weitere Plätze dazu geschaltet werden. Eine Leitstelle aber, die über zwei Etagen reicht? Das ist beispielsweise bei großen Unwetterlagen nicht effizient. Umso größer ist die Freude über die neue Kreisleitstelle, die 2021 in Betrieb gehen soll. Sie bietet auf 400 Quadratmetern Platz für 15 Einsatzkräfte — statt wie bis jetzt sechs Plätze auf 80 Quadratmetern. Alle Mitarbeiter strahlen, wenn sie auf das Thema angesprochen werden. „Wir freuen uns drauf“, sagt Peters. Und seine Kollegen nicken.