Mettmann: Fotoausstellung - Der Buchenstumpf ist für Görgens ein sakraler Ort

Nach der Fällung des Baums an der Königshofstraße hat der Künstler über 1000Detailaufnahmen gemacht.

Mettmann. Aus dem Streit um die Mettmanner Blutbuche möchte sich Ulrich Görgens heraushalten. "Mir geht es mehr um das Künstlerische", sagt der Fotograf, der in Ratingen lebt und in seinem Mettmanner Atelier arbeitet. Aber so ganz wird ihm das wohl nicht gelingen, zumal sein Bilderzyklus "Blutbuchenstreit" für die diesjährige Kreiskunstausstellung ausgewählt wurde.

Drei seiner Fotos sind dort zu sehen, sie tragen die Titel "Entzünden", "Glühen" und "Verglimmen". Sicherlich gibt es zu dem Anlass Fragen nach dem Warum und danach, ob sich die Kunst aus der Politik bewusst heraushalten kann, wenn ihr Ursprung eigentlich ein politischer ist.

Görgens hat den Buchenstreit, der bis hin zum (gescheiterten) Bürgerentscheid ausgetragen wurde, aufmerksam verfolgt. Zur Kamera hat er aber erst gegriffen, nachdem der Baum im Februar gefällt wurde. Stundenlang hat er am Buchenstumpf gesessen, um im richtigen Augenblick auszulösen. Oft mehrere Tage in der Woche. Über 1000 Bilder sind entstanden, alle klassisch auf Fotopapier entwickelt. Ulrich Görgens hat einen Prozess dokumentiert, der im Leben ständig zu beobachten ist. Tod und Sterben ist etwas Alltägliches. Nur schaut man in einer schnelllebigen Zeit nicht mehr so genau hin, und schon gar nicht bei Bäumen.

"Der Buchenstumpf ist für mich fast ein sakraler Ort. Ich wollte dem Baum Würde geben", sagt er, während er sich durch die Detailaufnahmen des letzten halben Jahres blättert. Schimmerte im frischen Buchenholz unmittelbar nach der Fällung noch ein kräftiges Rot durch, wurde das Holz dann immer grauer. Görgens hat über Monate hinweg viele Veränderungen festgehalten.

Er weiß, wie sich die Schnittfläche veränderte, wie das Holz bei Regen wirkte, und dass das Totholz ein Ort ist, an dem neues Leben entsteht. Dennoch will er keineswegs den mahnenden Zeigefinger erheben oder eine Anklage in die Welt setzen. "Das letzte halbe Jahr des Baumes nach der Fällung war farbenfroh und intensiv." So fasst er den Wandel in Worte.

Mit der Fotoserie ist Görgens zu seinen künstlerischen Wurzeln zurückgekehrt. Sein Start in die Fotografie war ebenfalls ein Baum: eine Riesenpalme auf den Seychellen, durch deren Blätter er fotografierte. Seither ist er der analogen Fotografie treu geblieben.

Von Verfremdungen am Computer hält Görgens nichts: "Wenn man analog fotografiert, muss man sich mehr Zeit nehmen und auf den richtigen Moment warten". Wann und ob der überhaupt kommt, wisse man nie genau. "Manchmal verpasse ich ihn auch, oder er war vielleicht nie da", sagt der Künstler. Blümchenbilder als nette Dekoration über der Couch seien nie sein Ding gewesen. "Bilder sollten den Betrachter zum Nachdenken bringen. Und ein Bild allein reicht in unserer bilderüberfluteten Welt auch kaum noch aus, um eine Geschichte zu erzählen und Wirkung zu erzielen."