Stadtbücherei Was Menschen mit schlechter Sicht helfen kann

Mettmann · Den Blinden- und Sehbehindertenverein im Kreis Mettmann gibt es seit 90 Jahren. Zur „Woche des Sehens“ hat er in Mettmann Hilfsmittel und -angebote vorgestellt.

Michaela Gurzinski (links) und Tamara Ströter vom Blinden- und Sehbehindertenverein sind auf ihre Langstöcke angewiesen.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Der Blinden- und Sehbehindertenverein Kreis Mettmann (BSV KME) wird 90 Jahre alt. In der Stadtbibliothek Mettmann gab es dazu jetzt eine Ausstellung mit Hilfsmitteln für Sehbehinderte und blinde Menschen. Die Schau fand während der „Woche des Sehens“ statt, einer bundesweiten Initiative, die über Sehverlust aufklären soll. Die Ausstellung war gut besucht. Die Besucher konnten sich über Hilfsangebote informieren und Kontakte knüpfen.

Tamara Ströter und Michaele Gurzinski sind Vorsitzende des BSV KME. Beide sind von der Erbkrankheit Retinitis Pigmentosa betroffen. Bei dieser Sehbehinderung sterben schrittweise Netzhautzellen ab. Das kann zu Nachtblindheit (schlechtem bis gar keinem Sehen bei Dämmerung oder Nacht), geringerer Sehstärke und einem eingeschränkten Sichtfeld, dem sogenannten Tunnelblick, führen.

Tamara Ströter ist seit 2003 vollständig erblindet und wünscht sich mehr Aufmerksamkeit von ihren Mitmenschen. Diese ist vor allem im Straßenverkehr nötig: „Manchmal stolpern die Leute über meinen Blindenstock, wenn sie auf dem Handy daddeln, Rollerfahrer sind für uns gefährlich und E-Autos viel zu leise“, berichtet Ströter. Auch Hilfe, zum Beispiel beim Überqueren einer Straße, ist immer gerne gesehen. Konkret sollte man „Brauchen Sie Hilfe?“ und „Wie kann ich Ihnen helfen?“ fragen. Man solle aber nicht beleidigt sein, wenn die Hilfe abgelehnt werde. Ströter meint: „Lieber einmal zu viel fragen als zu wenig“. Der BSV möchte mit gutem Beispiel voran gehen und Betroffenen zeigen, dass es möglich ist, den Alltag zu bewältigen. Es sei wichtig, sich mit anderen Menschen auszutauschen und sich selbst wieder aufzurappeln.

Am Informationsstand des BSV gab es auch sogenannte Fühlsäckchen. In diesen sind verschiedene Gegenstände, die erfühlt werden sollen. Gar nicht so einfach – einen Schlüssel oder eine Kastanie erkennt man leicht, aber wie genau fühlt sich ein Teelicht an? Oder Nähgarn? Mabel Stickley, ehemalige Behindertenbeauftragte der Stadt Mettmann, meint: „Wir verlassen uns viel zu sehr aufs Auge“. Sie hat Papp-Brillen dabei, die Unschärfe, fleckiges Sehen, Tunnelblick und Blindheit im Zentrum des Auges simulieren. Eine Möglichkeit für gesunde Menschen, sich annähernd in die Lage eines Betroffenen hineinzuversetzen.

Tamara Ströter ist dankbar, dass die künstliche Intelligenz immer mehr Techniken zulässt, die den Alltag Blinder und sehbehinderter Menschen erleichtern. Darunter auch eine Art Handy, das „VoxiVision“, das Texte mit der Kamera erkennen und anschließend vorlesen kann. Die Texte können auch übersetzt werden. Nutzer können ebenfalls Nachrichten einsprechen und diese dann in geschriebenen Text umwandeln lassen, um zum Beispiel eine E-Mail zu schreiben. Für den Verkehr gibt es die kostenlose App LOC.id, die sich mit Ampeln oder auch Baustellen-Baken per Bluetooth verbinden kann.

Betroffene können das Handy in der Hosentasche lassen. Sobald sie sich einer Ampel nähern, wird das bekannte Ticken lauter. Bei Baustellen können die Baken Warnsignale von sich geben und beispielsweise sagen „Achtung Baustelle“. Das funktioniert aber nicht in allen Städten, da nicht alle Ampeln und Baken mit der Technologie ausgestattet sind.