Neue Flüchtlingsklasse sorgt für Zoff
Der Schulleiter des Gymnasiums in Ratingen-West ist sauer: Eine zweite Gruppe ist kurzfristig nicht zu realisieren.
Ratingen. Die einzeilige Bitte kam Anfang Februar wohl aus heiterem Himmel, auf jeden Fall per E-Mail, formuliert von Kreisschulrätin Susanne Cortinovis-Piel. Adressat: Uwe Florin, Leiter des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums in Ratingen West. Man möge eine zweite Seiteneinsteigerklasse an der Schule einrichten, so der verbindlich klingende Wunsch. Florin antwortete prompt, verwies auf bereits 26 beschulte Kinder seit November 2015, auf begrenzte räumliche Kapazitäten und die Zuständigkeit der Bezirksregierung Düsseldorf. Wenige Tage später folgte die zweite E-Mail. Vorschlag: Man könne zwecks Einrichtung dieser Gruppe im Schichtbetrieb unterrichten lassen. Das brachte Florin vollends in Rage: In einer E-Mail an die Fraktionen und Mitglieder des Schulausschusses machte er seinem Ärger Luft.
Wörtlich schreibt er: „Die Art und Weise, wie zynisch hier von offizieller Seite im Kontext dieses hochprekären Themas ,Unterrichtsversorgung von Flüchtlingskindern’ kommuniziert wird, offenbart pädagogische Verantwortungslosigkeit und unterrichtsorganisatorische Ignoranz (zumindest in Bezug auf die Schulform Gymnasium).“ Florin betont, dass es sich hier um eine „Ohrfeige für alle Schulleiter“ handele, die kurzfristig und ohne Vorgespräch aufgefordert werden, eine neue Seiteneinsteigerklasse einzurichten. Uwe Florin unterstreicht: „Das geht ja nicht von jetzt auf gleich, wir brauchen weitere, speziell für diese Aufgabe ausgebildete Fachkräfte. Und das dauert seine Zeit.“
Uwe Florin, Schulleiter DBG
Neben der intensiven Betreuung der Seiteneinsteiger muss sich der Schulleiter um viele andere Dinge kümmern — auch um die nahe Zukunft: Fürs Schuljahr 2016/2017 liegen aktuell 75 Anmeldungen vor, dies würde für drei fünfte Klassen reichen. Doch zurück zur Aktualität: Am morgigen Mittwoch, 24. Februar, wird sich der Schulausschuss ab 16 Uhr in der Cafeteria des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums mit neuen Seiteneinsteigerklassen beschäftigen.
Florin will auf dieser Sitzung einige Fragen stellen, unter anderem diese Punkte herausgreifen: Wer trifft de facto die Entscheidung zur Zuweisung von Flüchtlingskindern auf die weiterführenden Schulen der Stadt Ratingen? Inwieweit ist das Schulverwaltungsamt überhaupt beteiligt?
Florin regt an, dass das Kreisschulamt über seine Direktorin Jeanette Völker aufgefordert wird, „seine subtilen Vorstellungen von schulischem ,Schichtbetrieb’ vor Gremienvertretern und Leitungsmitgliedern der weiterführenden Schulen Ratingens zu erläutern“.
Rückendeckung erhält der Leiter des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums von der SPD-Fraktion, die von der Verwaltung einen Sachstandsbericht fordert. Christian Wiglow und Joachim Galinke, die beiden Fraktionsspitzen, stellen fest: „Aus Sicht der SPD-Fraktion ist die Einschätzung des Schulleiters zutreffend.“ Die Fraktion will wissen, wie hoch die Zahl der zu erwartenden Schüler ohne Deutschkenntnisse ist und wie diese Jugendlichen auf die Schulen verteilt werden sollen. Es gibt also jede Menge Klärungsbedarf.