Römerstraße: Tafel stört die Anwohner

Die Bewohner der Römerstraße fühlen sich durch die Lebensmittelausgabe belästigt.

Mettmann. Die Aufregung, die Michael Reichelt vor elf Tagen verspürte, als die Räume für die Tafel am neuen Standort in der Römerstraße erstmals geöffnet wurden, hat sich nicht gelegt. Damals hatten sich Nachbarn über den neuen Trubel in ihrem Wohnviertel am Ende eines Wendehammers beschwert, als die Kunden der Tafel das erste Mal auftauchten. Sie hatten geschimpft und Fotos gemacht.

Während der Chef der Diakonie die Kritik noch gelassen entgegennahm, weil bekanntlich aller Anfang schwer ist, haben sich seine Sorgenfalten nun doch tiefer in die Stirn gegraben. Denn einige Anwohner der Römerstraße haben einen Protestbrief verfasst, in dem sie die Entscheidung, die Tafel in der ehemaligen Eckkneipe „Zum Schnabel“ einzurichten, heftig kritisieren.

Anfangs, so schreiben die Familien Benner und Bohlken in ihrer Protestnote, hätten sie erste Gerüchte im Winter, dass in die alte Kneipe die Tafel einziehen sollte, ins Land der Fabeln und Märchen eingeordnet. „Wer konnte es sich auch vorstellen, dass in einem sensiblen Wohnumfeld mit vielen Kindern und nur einem einzigen Verkehrszugang eine Anlaufstelle der Tafel hineinpassen würde.“

Der Beschluss der Diakonie, die Tafel dort einzurichten, zeige deutlich, „wie wenig Fingerspitzengefühl bei der Leitung für solche sensiblen Vorhaben vorhanden ist und wie wenig sie vom Geiste des Miteinanders durchdrungen sind“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Vier Wochen vor dem Eröffnungstermin seien die Anwohner zu einem Info-Treffen von der Diakonie eingeladen worden, einer „Alibiveranstaltung mit Schmusecharakter“, schreiben Benners und Bohlkens. „Zweimal in der Woche, dienstags und samstags, rund 100 Mal im Jahr werden wir in unserer unmittelbaren Nachbarschaft wie von einem Flashmob in einen Belagerungszustand versetzt.“ Neben dem Fuhrpark der Tafel und den privaten Autos der Mitarbeiter werde die kleine Sackgasse von vielen Fahrzeugen der mehr als 100 Berechtigten zugestellt.

Für die Kunden der Tafel gebe es nicht einmal Toiletten. „Man setzt auf das Gebüsch vor unserem Küchenfenster und die Barmherzigkeit der Anwohner“, heißt es in dem Schreiben weiter. Diese Einrichtung sei mit ihren negativen Begleiterscheinungen für Hausbewohner und Anlieger keineswegs willkommen.

Diakonie-Geschäftsführer Reichelt weist die Vorwürfe zurück. „Mir fehlt die Fantasie, was passieren soll, damit die Anwohner dort zufrieden sind“, sagt er. Schon zweimal sei das Ordnungsamt gerufen worden. „Aber es wurde keine Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung beanstandet“, sagt Reichelt. Enttäuscht ist er darüber, dass die Anwohner die Bemühungen der Diakonie, zwei Jahre lang eine neue Bleibe zu finden, ignorierten.

Die Tafel habe bereits einen Ordnungsdienst bestellt, der darauf achten soll, dass kein Müll herumfliegt und „nicht in die Büsche gepinkelt wird“, sagt Reichelt: „Was machbar ist, werden wir tun.“ Die Diakonie will erst einmal bis Ende des Monats abwarten. Dann plant sie, noch einmal auf die Anwohner zuzugehen und sich mit ihnen an einen Tisch zu setzen. Reichelt: „Als wir das erste Mal eingeladen hatten, waren gerade einmal fünf Personen da.“ Damit soll vermieden werden, dass — wie unlängst geschehen — aus Protest gegen die Tafel die Zufahrt für die Lieferfahrzeuge mit Sperrmüll zugebaut wird.