Schwarzwaldhaus: Ich schau Dir in die Augen
Das Schwarzwaldhaus ist ein Treffpunkt für Tänzer und Menschen, die Kontakt suchen. Die WZ-Redakteure Ines Arnold und Benjamin Dietrich haben sich aufs Parkett gewagt.
Mettmann. Das Parkett glänzt frisch gebohnert. Die Scheinwerfer tauchen den Tanzsaal in blaues, rotes und grünes Licht, Discokugeln drehen sich, Sterne verzaubern den Raum. Aus den Musikboxen ertönt es auch schon: „Mitten im Paradies“ singt eine Männerstimme. Paare tanzen dazu. Manche eng umschlungen den Disco-Fox, andere ein wenig beschwingter: Es ist Party-Zeit im Schwarzwaldhaus in Mettmann.
Generationen von Paaren haben sich im Tanzlokal mitten im Neandertal unweit des Museums kennen und lieben gelernt. Viele haben später geheiratet, erzählt die Bardame. Und sie kommen immer noch zum Schwarzwaldhaus — um der alten Zeiten willen.
An diesem Abend sind aber nicht nur Paare dort. Denn offiziell ist Single-Party — so eine Art „Ball der einsamen Herzen“ ohne Tischtelefon. Die wurden in früheren Zeiten zur ersten Kontaktaufnahme gewählt.
Heute steht das ein oder andere einsame Herz an der Bar, nippt verlegen an einer Tasse Kaffee oder am Glas Bier und blickt sehnsüchtig auf die Tanzfläche, die gerade von Dagmar und Manni in Beschlag genommen wird.
Manni gibt den Ton an, dreht seine Dagmar in alle Himmelrichtungen. Sie lächelt entrückt übers ganze Gesicht. Mitte Oktober haben sie sich kennengelernt, sagt Dagmar mit frisch verliebten Blick zu ihrem Manni. Er tanzt seit 20 Jahren und hat sich ein Ziel gesetzt: Sie über die Grundschritte hinauszubringen.
„Wir mögen das Schwarzwaldhaus und kommen gerne freitags hierhin. Denn dann ist genügend Platz auf der Tanzfläche. Und zum Tanzen sind wir hier“, sagt sie. Manni schaut sich derweil die anderen Paare auf der Tanzfläche an — mit kritischem Blick. „Die da drüben haben das wohl auch nur in der Disco gelernt. Eigentlich geht das anders“, sagt er, schnappt sich Dagmar und zeigt den anderen, was es heißt, der König des Discofox zu sein.
Dass die beiden gut tanzen können, weiß auch die Bardame. Sie kennt viele der Besucher mit Namen und ihre Geschichten. Manche bringt sie zusammen, damit sie sich kennenzulernen. Manchmal entwickelt sich mehr. „Wobei es schon so ist, dass hier mehr Paare hinkommen“, sagt sie. „Die Single-Party läuft eher schleppend. Viele kommen nach jahrelanger Abstinenz hierher und trauen sich nicht so wirklich, jemanden anzusprechen. Sie haben ihren ersten Partner verloren und üben hier erstmal wieder, wie es ist, in Gesellschaft zu sein.“
Und dies tun sie im Schwarzwaldhaus im geschützten Rahmen. Denn dort wird Wert gelegt auf gepflegte Umgangsformen und ein angemessenes Erscheinungsbild. Turnschuhe werden nicht gerne gesehen. Darauf macht gleich am Eingang ein Schild aufmerksam.
Dass ist auch genau das, was die Besucher, die in der Mehrzahl zur Generation 55plus gehören, mögen. „Die Jüngeren schreckt das vielleicht eher ab. Sie kommen ganz selten. Dabei freuen sich die Gäste immer, wenn hier der Tanznachwuchs auftaucht“, sagt die Bardame.
Und der kann von den erfahrenen Tanzliebhabern einiges lernen. Zum Beispiel von Tamara und Willi. Seit 13 Jahren kommen sie jedes Wochenende ins Schwarzwaldhaus. Sie sind ein eingespieltes Team. Tamaras braune Wildlederstiefel berühren vor lauter Tanzwut kaum noch das Parkett. Willi ist hingegen der souveräne Führer, in dessen Hände Tamara sich im wahrsten Wortsinn fallen lässt. Bei manchen Tanzfiguren berühren ihre Haare gar den Boden.
Gegen 23 Uhr leert sich die Tanzfläche. Die Herren helfen den Damen in die Mäntel. Auch Manni ist seiner Dagmar dabei behilflich. Sie verabschieden sich an der Bar von der Kellnerin und einzelnen Tanzpaaren. Sie möchten jetzt alleine sein. Aber am nächsten Wochenende sind sie wieder hier — im Schwarzwaldhaus.