Session: Die jecken Weiber vom Amt
Um 11.47 Uhr stürmten Marienkäfer, Nonnen, Wikinger und Vampire das Rathaus.
Mettmann. Um 11.47 Uhr fiel die Festung endgültig — Bürgermeister Bernd Günther rückte unter dem Jubel der Närrinnen und Narren den Rathausschlüssel raus. Alfons Gobetto und seine Rot-Weißen von der gleichnamigen Karnevalsgesellschaft (KG) hatten gewonnen.
„Dreifach Mettmann Helau“ schallte es sofort durch die Gänge des Rathauses, die zu Altweiber von Wikingern, Marienkäfern und sonstigen jecken Gestalten gesäumt wurden.
„Wir wollen nicht stürmen, sondern bestechen“, kündigte Gobetto an. Dazu ließ er seine Garden im wahrsten Sinne des Wortes antanzen. Die Minis traten zu dritt auf. Katharina Roguschak und Larissa Seehaber (beide 16) gaben die wilden Vampirmonster, die wie Michael Jackson in seinem „Thriller“-Musikvideo furchteinflößend über den Friedhof tanzten.
Als zusätzliche Bestechungsmaßnahme regnete es Orden „für besondere Verdienste um den Karneval“. Zum 60-jährigen Bestehen des Vereins waren die funkelnden Auszeichnungen mit dem VW Bully geschmückt, „der im gleichen Jahr in Serie ging“, wie Gobetto erklärte. Peter Ratajczak, Vorsitzender von Mettmann Impulse, ließ es sich nicht nehmen, die Verleihung bissig zu kommentieren: „Ich hab’ nur Ordensträger aus der Verwaltung gesehen. Haben sich die Politiker etwa nicht genug angestrengt?“
Ratajczak präsentierte im Namen seiner Werbegemeinschaft anschließend die Tanzgruppe Black Diamonds. Mit der Band Rhine Power marschierten die Mettmanner Tänzerinnen zur Dudelsackmusik ein. „Am Samstag auf dem Zug ist der Bürgermeister fällig, dann tanzt er mit uns mit“, kündigten die Mädels an, die Röcke und Beine fliegen ließen.
Und das alles unter den Blicken von „Schwester Frauke“ aus der Kämmerei. „Selbst einer Nonne ist es erlaubt, auch mal kein Engel zu sein“, sagte sie. Ihr moralischer Widerpart kam aus dem Jugendamt — Sozialarbeiter Thomas Birkstedt als Hörner tragender Beelzebub mit Bereitschaftsdienst. „Das ist wie im Job. Bei Gesprächen sieht man, dass nicht hinter jedem ein Teufel steckt“, sagte er augenzwinkernd. Seine jecke Assistentin ließ als gebürtige Mettmannerin verlauten: „Hier ist der Karneval viel schöner als in Düsseldorf.“
Der Bürgermeister, der nun für drei Tage nicht mehr „Herr im Haus“ ist, kam selbst im grün-braunen Gewand als Robin Hood. Er wolle für Gerechtigkeit eintreten, sagte Bernd Günther. Ob er später, wie sein historisches Vorbild, mit Pfeil und Bogen auf Beutezug ging, um den Haushalt aufzubessern, ist nicht überliefert. Wohl aber, dass seine bald zweijährige Enkelin Jana-Nia ihrem Großvater nacheifert. Beim Kinderkarneval ging sie als Mettmanns Bürgermeister — mit Anzug und Schnäuzer.