Wer zieht in den Bundestag ein?

Die Städte Erkrath, Haan, Hilden, Langenfeld, Monheim und Mettmann wählen für den Wahlkreis 104.

Kreis Mettmann. Sport hält fit. Nach dieser Devise zieht es Michaela Noll (57) aus Haan mit Laufschuhen in den Wald oder sie zieht im Schwimmbad ihre Bahnen. „Am liebsten frühmorgens. Das entspannt mich“, sagt die seit 15 Jahren als Bundestagsabgeordnete zwischen der Familie in Haan und dem Parlament in Berlin pendelnde CDU-Politikerin, die früher mal Sportlehrerin werden wollte. Es kam indes anders für die studierte Juristin, die an Heiligabend 1959 in Düsseldorf als Tochter einer Deutschen und eines ehemaligen iranischen Senators und Ministers mit dem Nachnamen Tadjadod zur Welt kam. Nach dem Abitur in Meerbusch schloss sie ihr Jura-Studium mit erstem und zweiten Staatsexamen ab, wurde 2001 zur Rechtsanwältin zugelassen und bereits ein Jahr später über die CDU-Landesliste für den Südkreis Mettmann in den Bundestag gewählt.

Noll bezeichnet sich selbst als „eine politische Quereinsteigerin“. Erst mit Anfang 30 sei sie aktiv geworden, als sie keinen Kindergartenplatz für ihren 1991 geborenen Sohn bekam. „Familie und Beruf zu vereinbaren, war damals wesentlich schwieriger als gedacht. An dieser Realität etwas ändern zu wollen, war für mich Auslöser, in die Politik zu gehen. Ich wollte die Sache selbst in die Hand nehmen.“

Und warum trat sie in die CDU ein? „Der katholische Glaube meiner Großmutter hat mich schon früh geprägt. Und für die CDU ist das christliche Menschenbild die Richtschnur aller Entscheidungen. “ Dreimal hintereinander hat Noll seit 2005 den Wahlkreis 104 für die CDU geholt — die letzten beiden Male gegen Polit-Promi Peer Steinbrück (SPD). In Berlin war sie als Familienpolitikerin ihrer Fraktion aktiv. Von 2014 bis Januar 2017 war Noll Mitglied im Verteidigungsausschuss, dann wurde sie zur Bundestagsvizepräsidentin gewählt. „Nach wie vor ist mir die Familienpolitik eine Herzensangelegenheit“, sagt die Abgeordnete, die mit dem Apotheker Eberhard Noll verheiratet ist und deren 26-jähriger Sohn aus einer früheren Beziehung mit im Haaner Haus wohnt.

Stephan Meisel

Jens Niklaus hat im Grunde nur eine Chance, in den Bundestag einzuziehen. Weil der Listenplatz 49 vermutlich nicht ziehen wird, muss der Sozialdemokrat im Wahlkreis 104 das Direktmandat holen. Und dafür kämpft er. Der Terminkalender ist voll. Ob das 50-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft zwischen Haan und dem französischen Eu, bei dem er auch als Bürgermeister-Stellvertreter dabei war. Oder der zehnte Geburtstag des Bürgerbusses in Erkrath. Jens Niklaus ist präsent. Besucht Info-Stände und vor allem potenzielle Wähler bei Hausbesuchen direkt. Jetzt hat er seinen ganzen Jahresurlaub genommen, um bis zur Wahl täglich um Stimmen werben zu können. Ehefrau Sandra, mit der er seit 23 Jahren verheiratet ist, unterstützt ihren Mann nach Kräften. Die 19-jährige Tochter hat nach ihrem Abitur gerade ein freiwilliges Soziales Jahr an der Haaner Hauptschule gestartet. Der 17-jährige Sohn strebt nach dem Realschulabschluss jetzt das Abi an einem Berufskolleg an. 2008 war es dem damals 35-jährigen Jens Niklaus ein Bedürfnis, sich politisch zu engagieren. Als Spross einer Bergmannsfamilie in Gelsenkirchen war er der Erste, der das Abitur ablegen durfte. Zunächst mündete dieser Dank für die sozialen Bildungsmöglichkeiten in einer Gastmitgliedschaft in der SPD. Im Ortsverein Gruiten wurde er dann Vollmitglied und war bald im Vorstand aktiv — als Kassierer. Denn mit Zahlen kennt sich Jens Niklaus aus. Seine Ausbildung als Industriekaufmann (1994) kombinierte er dual mit einem Betriebswirtschaftsstudium (1995), das er 2008 mit dem Bachelor of Business Administration noch ausbaute. Die Partei-Karriere von Jens Niklaus ist relativ kurz, aber steil verlaufen. Als 2011 der damalige Gruitener SPD-Vorsitzende Heiner Wolfsperger sich nicht mehr zur Wahl stellte, übernahm Jens Niklaus die Ortsvereins-Führung. Zugleich ist er stellvertretender Vorsitzender des SPD-Stadtverbandes. 2013 rückte er in den Haaner Stadtrat nach und wurde 2014 direkt gewählt. Seither ist er stellvertretender Bürgermeister der Stadt Haan und auch Mitglied des Kreistages. Ralf Geraedts

Fotos: Ralph Matzerath