Kreis Mettmann „Die Polizei trifft den richtigen Ton“

Der neue Leiter der Gefahrenabwehr bei der Kreispolizei berichtet, wie er und seine Kollegen in der Corona-Krise gefordert sind.

Thomas Decken ist neuer Leiter der Gefahrenabwehr bei der Kreispolizei Mettmann.

Foto: "Köhlen, Stephan (teph)"/Köhlen, Stephan (teph)

Herr Decken, Sie sind neuer Leiter der Direktion Gefahrenabwehr. Welche Gefahr betrachten Sie derzeit als die größte, die es abzuwehren gilt?

Decken: Das ist eine große Frage. Auf die Schnelle würde ich sagen, dass ich Sorge habe, wie lange sich Teile der Gesellschaft noch mit den aktuellen Einschränkungen unserer Grundrechte so friedlich abfinden können.

Sie sind verantwortlich für alle im Wachdienst tätigen Polizeibeamten. Wie viele sind das in welchem Verantwortungsgebiet?

Decken: Meine Direktion ist überwiegend für die Abwehr von Gefahrenlagen und das örtliche Einsatzgeschehen in den Städten verantwortlich. Zurzeit werden in diesem Bereich rund 500 Polizeibeamte eingesetzt.

Sind das aus Ihrer Sicht ­genügend?

Decken: Ich denke, dass wir nie genug Polizisten haben können. Leider werden die Menschen, die sich nicht an die Gesetze halten, nicht weniger. Auch die Tatgelegenheiten werden durch Internet und Überalterung der Gesellschaft eher mehr als weniger. Es muss jetzt nicht in jeder Straße ein Polizeibeamter stehen, aber ich würde mir schon wünschen, dass ich keine Diskussionen mehr führen muss, wer welche Mitarbeiter bekommen kann und wer nicht.

Zurzeit verschieben sich wegen der Corona-Pandemie die Aufgaben dieser Beamten. Welche sind durch Corona hinzu gekommen?

Decken: In den aktuellen Zeiten von Corona haben wir unsere Präsenz in der Öffentlichkeit deutlich verstärkt, um dort jederzeit zur Unterstützung der dafür primär zuständigen kommunalen Ordnungsbehörden die unbedingt notwendige Einhaltung von Kontaktbeschränkungen und weiteren Auflagen zum Infektionsschutz zu überwachen. In gleicher Zeit hat es glücklicherweise einen Rückgang in anderen Aufgabenfeldern gegeben.

Besonders am Herzen liege Ihnen ein „bürgernaher, ansprechbarer, aber auch entscheidungsfähiger und konsequenter Wachdienst“, kündigten Sie bei Ihrem Dienstantritt an. Wie bürgernah und ansprechbar kann der Wachdienst derzeit, in Zeiten von Corona, noch sein?

Decken: Die Erfahrungen, die der Wachdienst – übrigens nicht nur in Mettmann – während der Corona-bedingten Einschränkungen macht, sind vielfach sehr positiv. Hier wird oft der richtige Ton getroffen und daher entsteht auch die richtige Musik. Einen Grund zur Beschwerde gibt es kaum. Auch für den Wach- und Bezirksdienst im Kreis ist die Corona-Pandemie eine Ausnahmesituation und führt eher zu einer Abnahme des sonst recht hohen Einsatzniveaus. Es gibt weniger Anrufe, Hilfeersuchen oder Notfälle. Die Ansprechbarkeit und die Bürgernähe sind meines Erachtens keine Frage des körperlichen Abstandes oder des Tragens oder Nichttragens von Masken, sondern eine Einstellung, wie wir miteinander umgehen.

Auch das Wörtchen „konsequent“ ist bemerkenswert: Wir konstatieren einen mangelnden Respekt gegenüber Polizeibeamten, auch die Clan-Kriminalität ist unter Kontrolle zu bringen – meinen Sie das Wort in diesem Zusammenhang? Wie wollen Sie es mit Leben füllen, wie also setzen Sie das „konsequent“ um? Wo ist härteres Durchgreifen nötig?

Decken: Ich bin ein starker Befürworter kommunikativer Konfliktlösungen. Ich finde eine Schlägerei unter Beteiligung der Polizei beschämend. Hier haben ganz viele Parameter des Konfliktes einen ungünstigen Verlauf genommen. Letztlich gewinnen dann die Emotionen. Unsere Beamten sind kommunikativ sehr gut ausgebildet. Sie verstehen es zunehmend besser, in Konflikten zu moderieren und zwischen Konfliktparteien zu vermitteln. Hier sollte der Verstand führen, nicht die Emotion. Aber leider ist es immer häufiger festzustellen, dass diese Schlichterrolle der Polizei nicht akzeptiert wird. Wir werden dann zum Sparringspartner. Unsere Gesellschaft braucht aber nicht nur eine intellektuelle Polizei, mit der man stundenlang auf hohem Niveau über Rechtsfragen diskutieren kann, sondern auch respektierte Träger hoheitlicher Befugnisse. Diese sind bei besonders uneinsichtigen Personen erforderlichenfalls mit Gewalt durchzusetzen. Wir reden nicht „bis der Arzt kommt“. Irgendwann ist in jedem Konflikt jeder Aspekt ausreichend besprochen – dann ist zu entscheiden und ein Ergebnis umzusetzen. Daher ist neben aller Theorie auch wichtig, akzeptierte Eingriffstechniken zu beherrschen und nötigenfalls sicher anwenden zu können. In Mettmann schaut die Polizei bei Unrecht auch zukünftig nicht weg. Wir verstärken uns im Bedarfsfall und schreiten dann professionell und wirksam ein. Das meine ich mit konsequent.

Werden Sie auch selbst ab und zu noch Streife gehen, um den Kontakt zur Basis nicht zu verlieren?

Decken: Leider sind meine Kollegen auf elf Gebäude im ganzen Kreisgebiet verteilt. Ich sehe daher manche Mitarbeiter nicht immer so häufig, wie ich es gerne würde. Im Rahmen regelmäßiger Besuche in den Dienststellen werde ich Kontakt zu meinen Kollegen haben. Mit den Wachleitern stehe ich wöchentlich im Gespräch. Sicherlich werde ich mit dem ein- oder anderen Bezirksbeamten auch mal Streife gehen; auch um den Kreis Mettmann noch besser kennen zu lernen. Da freue ich mich schon drauf.

Sie sind Kommunikationstrainer an der Hochschule für Polizei. Was bringen Sie Ihren Schülern da bei?

Decken: Die Ansprechbarkeit, also die Bereitschaft, sich die Sorgen und Anliegen des Gegenüber anzuhören und empathisch darauf zu reagieren, muss bei unseren angehenden Kollegen ausgeprägt vorhanden sein. An der Hochschule vermittele ich vor allem Instrumente, um wirksam die Bedürfnisse der Bürger mit denen des Staates zu verbinden – in den allermeisten Einsätzen klappt das auch prima. Ich lerne im Gegenzug von meinen Studierenden, wie man mit enorm hoher Motivation die erkennbaren Belastungen des polizeilichen Wechseldienstes annehmen und sich auf den anspruchsvollen Dienst freuen kann. Das macht mir wiederum Freude und gibt Zuversicht, dass wir eine wirklich engagierte und hilfsbereite Truppe auf unseren Straßen vorfinden.