Der Glockenturm bekommt was Kleines

Schützen und Karnevalisten sammeln für eine kleine Brauchtumsglocke mit hellem Klang. Sie soll die großen harmonisch ergänzen.

Ratingen. Es begann mit einem Scherz: Im März 2014 hatte Daniel Schilling seine Stelle als neuer Pfarrer in St. Peter und Paul angetreten, einige Monate später stand ihm sein erstes Schützenfest der St. Sebastiani-Bruderschaft bevor, inklusive Schützengottesdienst. „In vielen Gesprächen im Vorfeld haben mir die Schützen erklärt, dass sie der Gemeinde sehr verbunden sind und im Laufe der Jahrhunderte immer wieder der Kirche Geschenke gemacht haben“, erinnert sich Schilling. Dazu kam noch das damalige Motto des Schützenfestes, „Lebendige Tradition für Ratingen“ — Grund genug also, sich Gedanken zu machen, wie man Tradition, Brauchtum und Kirche weiter miteinander verbinden kann.

Das Ergebnis: Während des Schützengottesdienstes ließ Schilling die Bemerkung fallen, dass in St. Peter und Paul eigentlich noch eine Sebastianus-Glocke fehlt. „Sofort ging ein Raunen durch die Kirche, und das Ganze wurde zum Running Gag während des Schützenfestes“, erinnert er sich und schmunzelt. Gero Keusen, Vorsitzender der Bruderschaft, war jedenfalls genauso überrascht wie die anderen Besucher des Gottesdienstes. Die Idee stand im Raum, die Schützen waren sich schnell einig: „Wir sammeln für eine Brauchtumsglocke.“ Brauchtumsglocke, weil auch die Vertreter des Winterbrauchtums nicht lange überzeugt werden mussten, sich dem Projekt anzuschließen. Und so fließen seitdem die Kollekten von Schützen- und Karnevalsgottesdiensten zusammen und werden für die Glocke gespart. Wie viel Geld es inzwischen ist, wollen weder Schilling noch Keusen verraten. Nur so viel: es muss noch fleißig gesammelt werden. Auch, wie viel die Glocke am Ende wirklich kosten wird, ist noch nicht absehbar. „Das hängt auch davon ab, wie viel der Einbau kosten wird“, erklärt Schilling. Wie die künftige Brauchtumsglocke aussehen und klingen soll, weiß er dafür genau. „Es soll eine eher kleine Glocke mit hellem Klang werden, der sich in das Geläut der übrigen Glocken einfügt.“

Schließlich ist St. Peter und Paul bereits mit prachtvollen Klangkörpern gesegnet, allen voran die Märch, die aus dem Jahr 1498 stammt. Allerdings ist sie nicht die älteste Glocke, die im Kirchturm ihren Dienst versieht. Die Glocke Katharina wurde um 1300 gegossen, die übrigen fünf zwischen 1523 und 1994. Gute Taten für die heimische Pfarre sind seit Gründung anno 1433 Ehrensache für die Bruderschaft. Davon zeugen das Weihrauchschiffchen von 1775 und das Sterbekreuz aus dem 18. Jahrhundert. In den 1970er-Jahren spendeten die Schützen schließlich ein Kirchenfenster mit dem Heiligen Sebastianus. Finanziert wurden diese Spenden mit dem Königssilber der Bruderschaft, die dafür diverse Königsplaketten einschmelzen ließ. Wichtig ist sowohl Keusen als auch Schilling, dass die Bruderschaft auch heute noch fester Teil der Gemeinde ist, und zwar nicht nur beim Gottesdienst während des Schützenfestes, sondern das ganze Jahr über — ganz nach dem Motto der Bruderschaft „Glaube, Heimat und Sitte“.

Der Festgottesdienst ist am heutigen Samstag, 17.30 Uhr, in St. Peter und Paul.