Die Kappen auf und hinein ins Vergnügen
Bis Aschermittwoch wird das Ratinger Prinzenpaar rund 160 Termine bewältigt haben.
Ratingen. Seit Wochen schon dasselbe Bild: Mal nachmittags, mal abends rüscht sich eine Gruppe von mehr Männern als Frauen auf, trifft sich am vereinbarten Treffpunkt, klettert in bayerische Hochbein-Autos und fährt los, um Party zu machen. Manchmal sind es nur neun Personen, manchmal mehr. Allerdings haben sie keinen Alkohol zum Vorglühen in der Hand und einer von ihnen trägt eine eher uncoole weiße Strumpfhose. Die so beschriebenen Partytiger sind keine Teenager mehr. Sie sind Karnevalsjecken der höheren Kategorie. Sie sind die Ratinger Tollitäten Roland und Ewa mit ihrer schmucken Entourage und haben bis zum Aschermittwoch in fünf Wochen rund 160 Termine abgefeiert und Frohsinn verbreitet.
Eine Session ist die Festperiode vom 11. November bis zum Aschermittwoch des folgenden Jahres. Sie ist aber auch die Sitzgelegenheit für Priester oder Zelebranten im Altarraum von Kirchen und schließlich, anders ausgesprochen, das zwanglose Zusammenspiel in Jazz- und Rockmusik. Hier ist also die Zeit jecken Spaßes im Rheinland und von zuverlässigen Funktionären pfiffig durchgetakteter Veranstaltungen. Im vergangenen Jahr dauerte die Session drei Wochen länger — in diesem Jahr war die Zahl der zu besuchenden Unternehmungen dennoch nahezu gleich. Und nicht alle fangen erst zu abendlicher Stunde an, sondern lassen den Frohsinn schon am Nachmittag ausbrechen.
Mit dem Anziehen hält sich ein geübter Prinzenbegleiter nicht lange auf. Karnevalsausschuss-Vorsitzender Peter Hense steckt in gut 20 Minuten im bunten Gewand. Und auch Prinzessin Ewa braucht nicht wirklich viel länger, bis sie hochherrschaftlich im Reifrock steckt und geschminkt ist. Und dann geht’s los. An Bord gibt es Knabberzeug, Wasser und Apfelschorle, Ersatz-Klamotten fürs Prinzenpaar, gerahmte Bilder von den Tollitäten zum Verschenken, einen Sack voll Orden. Und aus der Musikmaschine tönt Rheinisches von Heinz Hülshoff bis Brings. Und, es sei verraten: Auch die Kerntruppe, die sich da tagtäglich auf die Reifen macht, ist nicht von Haus aus dauernd in Hochstimmung. Aber sie lässt sich, genetisch bereits rheinisch konditioniert, schon nach und nach mitreißen. Womit der Vorwurf „auf Knopfdruck fröhlich sein“ auch mal widerlegt wäre.
Nacherzählt hört es sich ein bisschen schmalzig an, miterlebt ist es zu Herzen gehend: Die Jecken erleben immer wieder, zum Beispiel bei älteren Leuten im Publikum, eine unglaubliche Freude am festlichen Auftritt und an der Zuneigung, die die karnevalistischen Gäste ihnen ohne Vorbehalt entgegenbringen. Wenn Prinzenpaar, Schirmherr und -frau, David und Martina Uhr, in die Säle einmarschieren, geschieht das nach einer ganz ausgefuchsten Choreographie. Alle Amtsträger haben dabei ihren Platz und werden bei großen Einsätzen durch Tambourcorps und Garden unterstützt, so dass gut und gerne 80 Personen in vollem Ornat die Bühne beleben und illuminieren.