Die „Schätze“ im Blauen See
Taucher bargen aus dem See für den Kampfmittelräumdienst alte Munition. Pächter will Gleis und alte Loren herausholen.
Ratingen. Jetzt ruht er wieder still, der Blaue See. In den vergangenen Tagen und Wochen herrschte immer wieder geschäftiges Treiben am Nordufer des Sees, als Taucher im Auftrag des Kampfmitttelräumdienstes jede Menge Munition vom Seegrund geholt und abtransportiert haben: zwei deutsche Sprenggranaten, 85 Kilo Infanteriemunition und fünf Kilo Treibladungspulver. „Der Boden ist abgesucht, der See ist jetzt sauber“, sagte Stefanie Paul, Sprecherin der Bezirksregierung, die für den Kampfmittelräumdienst verantwortlich ist. Die Munition sei aber immer noch gefährlich, auch wenn sie jahrzehntelang unter Wasser gelegen hat.
„Das Zeug wurde irgendwann gegen Kriegsende dort reingeworfen“, vermutet Klaus Schickerling, Pächter des Bootsverleihs und leidenschaftlicher Hobbytaucher. Er hatte die Munition bei einem Tauchgang im vergangenen Jahr entdeckt und einige Handvoll Patronen sogar auch schon in einem Sack gesammelt, den er dann der Polizei übergeben hatte. Vom Hörensagen soll es auf dem Gelände auch eine Flakstellung gegeben haben.
Aufregung habe es nochmals gegeben, als auf dem Seegrund große Fässer entdeckt wurden. Die stellten sich bald als harmlos heraus: Es waren die Pontons eines früheren Stegs, die weggerostet waren. Bei seinen Tauchgängen hat Schickerling aber auch kleine Schätze entdeckt: ein rund 30 Meter langes, komplett erhaltenes Gleisstück und mehrere Loren. Die stammen noch aus der Entstehungszeit des Blauen Sees. Der war ursprünglich ein Marmorbruch, der nach einer missglückten Sprengung mit Wasser vollgelaufen war. Eine Lore hat Schickerling schon geborgen und neben dem Bootsverleih aufgestellt. Die anderen und das Gleis will er im Frühjahr heben — mit Lkw-Schläuchen. Die werden an den Loren und Schienen befestigt und unter Wasser mit Luft gefüllt. Der Auftrieb reiche aus, um die Teile nach oben zu bringen.
Klaus Schickerling, See-Pächter und Hobbytaucher
Die Lokomotive, die angeblich auch noch auf dem Seegrund liegen soll, hat Klaus Schickerling bislang noch nicht gefunden. „Dabei kenne ich mittlerweile fast jeden Stein im See.“ Möglicherweise sei sie im Schlamm versunken, der sich im Laufe der Jahrzehnte am Grund gesammelt hat.
Besonders fasziniert ist er von dem alten Stollen, der vom Blauen See zum Teich an der Naturbühne führt, aber nach 105 Metern eingestürzt ist. Er gilt somit als Höhle und ist in Taucherkreisen ein anerkanntes Übungsobjekt. Dort finden sich auch andere „Schätze“: faustgroße Kristalle.
Überhaupt gilt der Blaue See als Geheimtipp. „Taucher aus Hamburg, Rotterdam, ja sogar aus Polen sind schon hierher gekommen, um hier zu tauchen“, erzählt Schickerling. Er werde aber darauf achten, dass der See nicht kaputtgetaucht werde. Und trotz aller Idylle: „Das ist kein See für Anfänger.“
Etwa alle drei Tage geht der 46-Jährige im Nassanzug auf Tauchgang in dem maximal 15 Meter tiefen See — auch im Winter. Dann ist der See besonders still.