Ein Abend mit Thilo Sarrazin
Der Autor und Ex-Bundesbanker trug seine Thesen in Hösel vor etwa 100 Zuhörern vor.
Ratingen. Dieser Vortragende ist sich seiner Sache gewiss. Es gibt Schwarz und Weiß. „Schwarz“ steht für den Ist-Zustand Deutschlands. Für deutsche Frauen, die das Gebären verwehren und schon gar nicht Kindern in statistischer Soll-Stärke das Leben schenken; das macht dem Mann offenbar zu schaffen, denn der Hinweis kommt mehrfach an diesem Abend. Für eine Kanzlerin Angela Merkel, die unkontrolliert Flüchtlinge ins Land gelassen habe. Für einen Islam, der sich hier nicht integrieren wolle und könne — was sowohl für alte als auch für neue Migranten gelte. Wenn sich nicht bald etwas daran ändert, sagt Thilo Sarrazin, dann schafft sich Deutschland ab.
Und spannt damit einen Bogen zu seinem ersten Bestseller. Knapp 100 Zuhörer im Haus Oberschlesien lächeln, sie haben die Andeutung bemerkt. Überhaupt ist man an diesem Mittwochabend unter sich, in der Bahnhofstraße 71. Na ja, einer Kündigung des Veranstaltungssaals musste man mit der Androhung einer Einstweiligen Anordnung begegnen. Der Höseler Kulturkreis hatte es abgelehnt, eine Sarrazin-Lesung zu organisieren. Der örtliche Buchhandel hatte Angst um sein Schaufensterglas, baute hinter oberschlesischen Scheiben aber einen Büchertisch auf. Es kostete 27 Euro Eintrittsgeld an der Abendkasse, um bis dorthin vorzudringen. Also hörten nur Fans, darunter viele AfD-Mitglieder, was Thilo Sarrazin als beste aller Möglichkeiten sieht. „Weiß“ — das wäre für ihn, alle Migranten in ihre Ursprungsländer zurückzuschicken. Flüchtlinge — ob zu Fuß oder im kippeligen Boot — zum Ausgangspunkt zurückzuschicken. „Am Ende wären wir dann nicht 80, sondern nur noch 40 Millionen Deutsche mit einem hohen Altersdurchschnitt“, sagt Sarrazin. Und schiebt etwas später den hohen Wohlstand nach.
Eine Stunde lang trägt Sarrazin vor. Spricht südlichen Ländern ab, zu nördlichen aufzuschließen. Da sei selbst Entwicklungshilfe vergebens. Der Volkswirt Sarrazin, Ex-Bundesbanker und ehemaliger Finanzsenator, zieht nicht in Betracht, dass sich jemand persönlich weiterentwickeln könnte. Er ordnet die Menschen unverrückbar nach Herkunft und Abstammung ein. In der 45-minütigen Fragerunde kritisiert er Theresa May: „Die britische Regierungschefin ist wohl doch nicht so taff wie gedacht.“ Auf die Frage, ob er Wahlmanipulation in Nordrhein-Westfalen zu Lasten der AfD für möglich hält, antwortet er: „Das glaube ich nicht, weil es viel zu kompliziert wäre. Hier muss sich die nordrhein-westfälische AfD an die eigene Nase fassen. Wer sich einen Vorsitzenden wählt, der in einem Bankrottverfahren steckt, sorgt dafür, dass es sich Leute überlegen, dieser Partei die Stimme zu geben.“