Flüchtlinge ziehen aus Bismarckhalle aus
Helfer nehmen Abschied. In einer Woche sollen Vereine wieder trainieren können.
Ratingen. Die Sorge war groß, als im Oktober die ersten Flüchtlinge an der Bismarckstraße einzogen. Etwas mehr als vier Monate später ist die die Angst vor Gewalt, Diebstahl oder Übergriffen kein Thema mehr in Hösel. Über 300 Menschen kamen jetzt in die Turnhalle zu einem Abschiedsfest — und am Ende standen nicht wenigen die Tränen in den Augen.
Claudia Werntges, Ehrenamtliche Helferin
„Ich bin selbst überrascht, mit welch großer Hilfsbereitschaft wir hier versucht haben, den Menschen eine Heimat zu geben und ein Ankommen zu ermöglichen“, erzählt Claudia Werntges, die die vielen Angebote der Ehrenamtlichen in den vergangenen Monaten koordiniert hat: „Es gab Deutschkurse, wir haben gespielt, getanzt oder Sport gemacht“, erzählt sie: „Regelmäßig hat ein Elterncafé stattgefunden.“ Geholfen hätten alle Altersgruppen. So sei zum Beispiel der zwölfjährige Timo oft zum gemeinsamen Fußballspielen dagewesen. Und so mancher Pensionär habe seine Bestimmung bei den Deutschkursen gefunden.
170 Bewohner waren zu Spitzenzeiten in der Halle — aus vielen Nationen. Und eine große Anzahl davon — Familien mit Kindern, aber auch allein reisende junge Männer — kamen zur Abschiedsfeier, vor al lem, um Danke zu sagen. Und das taten sie nicht nur mit dem großen Banner draußen vor der Halle, sondern auch mit zwei Reden, die zum einen zeigten, wie erstaunlich gut Deutsch manch einer schon spricht. Aber noch viel mehr zeigten die Worte etwas anderes: Dankbarkeit und Respekt vor der großen der Hilfsbereitschaft. Beeindruckend die Worte des 28-jährigen Milad aus dem syrischen Aleppo: „Wir danken Euch für alles, was Ihr für uns getan habt, dass Ihr uns geholfen habt zu vergessen, was wir in unseren Ländern verloren haben.“ Mucksmäuschenstill wurde es bei diesen Worten in der Halle. Und als der Syrer weitersprach, war ihm anzumerken, dass auch er mit seinen Emotionen kämpfen musste: „Wir entschuldigen uns für alle Fehler, die wir gemacht haben, weil wir noch neu in Eurem Land sind.“ Das war ehrlich und machte deutlich, dass auch die Hilfesuchenden wissen, was falsch läuft. Dass das Schlimme, was manch einer von ihnen anrichtet, auf alle zurückfällt.
So bedrückend die Worte auch waren, umso schöner war es, den Kindern aus Hösel und den Kindern der Flüchtlinge zuzusehen, die wenig später unbeschwert herumtobten. Das zauberte ebenso ein Lächeln auf die Gesichter der Erwachsenen wie die Blumen, die die Flüchtlinge als Zeichen des Dankes an Höseler Frauen verteilten. Und so manch einer, der vor vier Monaten bei der Infoveranstaltung dabei gewesen war, rieb sich überrascht die Augen: So sehr kann sich ein Stadtteil verändern.
Heute ziehen übrigens die letzten Flüchtlinge an der Bismarckstraße aus. „Danach werden wir kleinere Reparaturen vornehmen, reinigen und den Boden versiegeln“, so Sozialdezernent Rolf Steuwe. Er geht davon aus, dass die Halle Anfang der kommenden Woche wieder von den Vereinen und für den Schulsport genutzt werden kann.